Jede Menge an Sport-Events werden abgesagt. Welche Gedanken gehen da einem Sportfunktionär durch den Kopf?
HELLMUTH REICHEL: Sehr betrübliche Gedanken. Ich habe noch nie einen solchen Frühling erlebt, indem mir so langweilig war. Keine einzige Sportart, entweder die ich selbst betreibe oder gerne im TV ansehe, findet statt. Alles sehr enttäuschend.
Sind alle Entscheidungen der Regierung nachvollziehbar?
Zu Beginn war alles positiv, was von der Regierung entschieden wurde. Jetzt kommt mir vor, dass sie vor der eigenen Courage bei der Aufhebung der Maßnahmen Angst haben und wohl etwas zu vorsichtig vorgehen.
Glauben Sie daran, dass die Eishockeyliga wie geplant Mitte September starten wird können?
Wenn die Vernunft der Österreicher anhält und wir uns an die vorgegebenen Vorsichtsmaßnahmen halten, sehe ich gute Chancen, dass es im Herbst losgehen kann.
In dieser Form, wie es war?
Vielleicht nicht ganz, es wird wohl Änderungen geben. Klubs werden finanzielle Schwierigkeiten bekommen und kein Mensch weiß, wie es mit den Italienern, Tschechen, Slowaken und Ungarn weitergehen wird. Wie es mit den Ein- und Ausreisebeschränkungen mit diesen Ländern sein wird. Ich hoffe, dass es bis dahin wieder so weit gediehen ist, dass man es machen kann. Österreichweit sehe ich kein Problem.
Gibt es einen Notfallplan, wie die Liga ohne ausländischen Klub aussehen könnte?
Es werden sicher Notfallpläne simuliert werden müssen. Zum Beispiel wissen wir nicht, was wird mit der AHL passieren. Da schaut es meines Wissens in Italien ganz schlecht aus, daher wird diskutiert, die zweite Liga auf Österreich zu limitieren. Dieses Szenario könnte auch in der jetzigen Uni-bet-Liga kommen.
Viele Virologen sagen voraus, dass es 2020 keine Sportveranstaltungen mit Zusehern geben wird. Kann man sich im Eishockey Geisterspiele vorstellen oder verschiebt man den Ligastart dann in den Jänner 2021 hinein?
Wir können uns Geisterspiele nicht vorstellen, weil Eishockey lebt von den Zusehern. Außerdem sehe ich die finanzielle Möglichkeit nicht, Spiele ohne Fans durchführen zu können.
Für viele Klubs ist der Abo-Verkauf ab Juni eine wichtige Einnahmequelle. Nur kann man derzeit kein Abo verkaufen, wenn man nicht weiß, wie und wann beginnt die Liga?
Wir haben den Aboverkauf derzeit zurückgestellt. Es ist einem Fan im Moment nicht zumutbar, ein Abo zu kaufen, wenn man nicht weiß, gegen wen und wie oft man spielen wird. Aber natürlich ist es für viele Klubs ein wichtiges Thema, da sie auf den Verkauf der Abos angewiesen sind. Wie diese Vereine es schaffen werden, wird schwierig. Was ist, wenn sie einen Überbrückungskredit aufnehmen müssen und dann findet keine Liga statt. Wie soll der Kredit dann beglichen werden?
Glauben Sie, dass alle österreichischen Klubs bei Ligastart an Bord sein werden?
Bei dem Streit in Linz hoffe ich auf eine Einigung. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich alle irgendwie über die Krise retten werden.
Staatshilfen sind angekündigt, kann man als Klub daran glauben?
Es wäre wichtig, dass es eine Staatshilfe geben würde. Ich wüsste nicht, wie man ansonsten alles meistern kann. Ich würde sagen, wenn alle anderen Subventionen bzw. Überbrückungsmöglichkeiten erhalten, warum der Sport nichts bekommen sollte. Ich finde, es steht ihm genau so zu wie der Kultur oder anderen Unternehmen, die finanzielle Hilfe erhalten werden. Wir sind ja auch Steuerzahler und fallen mit unseren Budgets in die Kategorie der Mittelbetriebe.
Wie könnte man den skurrilen Machtkampf in Linz lösen?
Nur mit Vernunft. Es ist wohl eine Sondersituation, weil Präsident Freunschlag den Klub alleine und gut aufgebaut hat. Jetzt traten die Probleme in der Kooperation mit den Vizepräsidenten auf. Es gibt keine sinnvolle Variante, wo eine Einigung mit diesen mehreren Streithähnen durchgeführt werden kann. Ich glaube, man kann nur Freunschlag finanziell recht gut abfinden und der neue Klub startet dann.
Werden die Spieler Gehaltseinbußen in Kauf nehmen müssen?
Ja, ich glaube schon. Es muss ein vernünftiger Weg, vielleicht nicht aus der Sicht der Spieler, aber aller anderen her. Das Gehaltsniveau war einfach zu hoch, wenn man die wirtschaftliche Situation vergleicht. Wo sind geringere Probleme, dort wo große Mäzene, keine Sponsoren, da sind. Die ihr Geld hineinstopfen, weil sie es gerne machen. So wird es auf Dauer nicht gehen. Wir werden nicht immer eine Frau Horten, einen Herrn Mateschitz, Herrn Schmid und wie sie alle heißen, wiederfinden, die bereit sind, Geld zu investieren. Meine Meinung ist, dass unser Sport schön langsam auf eigenen Füße gestellt gehört. Die Extras der Mäzene sollten dann für ganz besondere Spieler verwendet werden, die der Liga einen Auftrieb geben. Also nicht in der Masse, sondern in der Qualität. Es wäre günstig, wenn wir es im Zuge dieser Krise hinbringen würden.
Könnten Sie sich vorstellen, dass der KAC nur mit vier Legionären in die Saison startet?
Es kommt ganz auf die anderen Teams an. Ich kann mir es gut Vorstellen, da wir in der glücklichen Lage sind, viele gute junge Spieler zu haben, die wir gerne in der höchsten Liga einsetzen wollen. Nur wenn man sie überfordert, wenn der Gegner zu stark ist, tut man niemandem ewas Gutes. Da verliert der Verein, die Zuschauer sind grantig, weil sie ihr Team immer verlieren sehen. Der junge Spieler kann sich nicht so entwickeln, wie in einer Liga, in der er mit seinen Fähigkeiten nicht überfordert wäre.
Sind die Tätigkeiten am Spielersektor weiter auf Eis gelegt?
Derzeit schon, wir beobachten, wie sich alles entwickelt. Was ich weiß, sind die Manager im Kontakt untereinander, um sich die Entwicklungen gegenseitig mitzuteilen. Aber in Wirklichkeit sind sie alle im Moment überfordert, weil keiner weiß, was sein und kommen wird.
Von Mario Kleinberger