Für einen intensiven Blick reichte die Zeit in Tampere nicht aus. Schon gar nicht für die KAC-Spieler, denen nur 36 Stunden Zeit geblieben ist. Weil nicht jeder am Vormittag trainiert oder Mittagschläfchen halten muss, versuchte ich einige Impressionen (auch für die Rotjacken-Cracks zum Nachlesen) einzufangen.

Eine Stadt besitzt immer mehrere Gesichter. So bunt das Treiben tags zuvor (in Fußball-Stadion von Tampere hat Finnland die Griechen 1:0 besiegt), so leer gefegt präsentierten sich die Straßen tags darauf. Vielleicht weil die Bevölkerung dafür bekannt ist, die Feste zu feiern wie sie fallen. Und sie fallen oft. Dem Alkohol ist die Finnin bzw. der Finne ebensowenig abgeneigt, wie den Spielautomaten. Selbst in winzigen Supermärkten versuchen die Menschen das schnelle Glück.

Klischees bewahrheiten sich

Nach 36 Stunden kann ich zumindest drei finnische Klischees bestätigen: die Frauen befinden sich ganz klar im Powerplay also in der Überzahl, das Land ist nichts für Sparfüchse und die Sprache befeuert die Orientierungslosigkeit (ich habe Ableitungsversuche in germanische oder romanische Sprachen längst aufgegeben). Und noch etwas gibt es über Tampere zu sagen: Die Stadt ist geprägt von vielen Stilen. Eine Straße erinnert an Manchester, dann wähnt man sich in Kopenhagen/Hamburg und beim Vergnügungspark am riesigen Näsijärvi-See glaubt man Coney Island zu besuchen. Ob die abgestellte Straßenbahn mit den gespenstisch anmutenden Puppen darin als Werbung für eine Geisterbahn dient?

Hoher Besuch aus Helsinki

Hohen Besuch erhielt der KAC übrigens vom Botschaft-Stellvertreter. Der Klagenfurter Roberto Thym reiste in seiner Funktion zu den Rotjacken nach Tampere. Schon am Freitag-Vormittag beim Training und später am Abend beim ersten Heimspiel Tapparas gegen die Rotjacken. Deren 7800 Zuschauer fassende Heimstätte "Hakametsä" (auch für den zweiten Stadtklub Ilves) besitzt übrigens ein Ablaufdatum. Unweit des KAC-Hotels wird eine Eishockey-Arena aus dem Boden gestampft. "Tampereen monitoimiareena" lautet ihr Name, soll 2021 eröffnet werden, rund 13.000 Eishockey-Fans fassen und wird 2022 neben Helsinki der zweite A-WM-Spielort sein.

Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, wirkt die Stadt nicht unangenehm. Überall grün, viel Wasser rundherum – so etwas beruhigt. Mit dem E-Scooter lässt sich Tampere problemlos erkunden. Einen Kärntner zieht es natürlich gleich zum Wasser. Aber Vorsicht: Niemals von stabilem Wetter ausgehen. So strahlend die Sonne scheint, so rasch beginnt es zu tröpfeln.

Da hilft nur die Flucht in die Markthalle, die innen im skandinavischen Stil gestaltet ist. Für mich sind solche Orte wie ein pulsierendes Museum, überall quasi ein Pflichtbesuch. Auffallend: Selbst bei den Standln, gehen die Fieranten offensiv mit der Bankomat-Kasse um. Bevor jemand seine Münzen zusammenkratzt (was angesichts der Preise eh nur selten der Fall ist), wird einem schon dieses Gerät unter die Nase gehalten. So vergisst man zumindest schnell wieder wieviel man ausgegeben hat.

Rentier-Geschnetzeltes

Einen kulinarischen Ausflug ist man hier fast verpflichtet zu wagen. Vor allem, wenn man ans Christkind und nicht an Santa Claus sowie seine Rentiere glaubt. Am Ufer des Tammerkoski (der Fluß, der die beiden Seen Näsijärvi und Pyhäjärvi verbindet) gibt es einige stylische Lokale. Im Ravintola Poro kosteten wir einen entfernten Verwandten von Rudolph: Rentier-Geschnetzeltes mit Püree und Cranberries - die riesige Portion war jeden Cent der stolzen 23 Euro wert.

Die Vorfreude auf Oslo bzw. Asker steigt schon jetzt. Wenngleich das uns alle finanziell sicher vor noch höhere Herausforderungen stellen wird. Sagen zumindest die Finnen.

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