Ruhe kehrt beim KAC bekanntlich nie ein. Da helfen Platz zwei in der EBEL-Tabelle, steigende Tendenz im Farmteam, de facto ungeschlagen in der U18 und merklicher Aufschwung in allen Nachwuchsklassen nichts. Warum?
Oliver Pilloni: Das ist kein regionales Phänomen, sondern betrifft ganz Österreich. Wir sind ein Land der Jammerer und Meister im Schlechtreden. Ich habe gelernt, weder himmelhochjauchzend noch zu Tode betrübt zu sein. Wir haben in der EBEL noch nie so viele Punkte wie heuer geholt. Und trotzdem wollen mir manche weismachen, wie schlecht der KAC ist.
Insgesamt sind Sie fast zehn Jahre aus zwei Amtsperioden (2007 bis 2012 und seit 2014) als General Manager bei einem so wankelmütigen Klub. Wo Trainer entlassen und Sportdirektoren abgesägt werden. Sind Sie unantastbar?
Mit den KAC-Vorständen pflege ich ein gutes Verhältnis, halte aber Distanz. Im Endeffekt ist man immer vom Erfolg der ersten Mannschaft abhängig. Mir kommt sicher zugute, viele Leute zu kennen und zu wissen, wie man mit den Redereien auf der Straße umgeht. Ich muss Regeln aufstellen und weiß, dass mich deswegen nicht jeder mag. Wichtig ist ein Konsens. Meine Freundin erzählt mir, dass die Leute mich als A... bezeichnen.
Aus welchem Grund?
Es gibt keine Freunderlwirtschaft, keine Freikarten. Letztendlich will ich nur das Beste für den KAC.
Neigt man beim KAC irgendwann paranoid zu werden?
Ich muss schon viele Eventualitäten berücksichtigen und vorsichtig sein, was ich sage. In Interviews wie jetzt. Da könnte einiges falsch ausgelegt werden. Meistens hilft es, eine Nacht darüber zu schlafen. Also generell.
2014 wurde erklärt, das Ziel sei es, finanziell unabhängig von Mäzenin Heidi Goëss-Horten zu werden. Status quo?
(grinst) Das sind gefährliche Fragen. Man muss klipp und klar sagen, dass der Betrieb beim KAC in der aktuellen Form ohne die großzügige Unterstützung von Frau Gräfin Goëss-Horten nicht aufrechtzuerhalten wäre. Speziell was den Nachwuchs betrifft.
Wohin fließt das Geld?
Etwa 30 Prozent erhält der Nachwuchs, der Rest landet im Profibetrieb.
Ihr Anteil am KAC-Budget?
Es ist eine großzügige Unterstützung.
Mit so einer Sicherheit im Rücken ist man nicht darauf angewiesen, Klinken zu putzen. Kein Namenssponsor, kaum Merchandising – verlässt sich der KAC zu sehr auf Frau Goëss-Horten?
Der Fanshop hat sich gut entwickelt. Wir sind mit Agenturen in Kontakt, die Sponsoren auftreiben sollen. Das ist jedoch, aufgrund der wirtschaftlichen Lage, sehr schwierig. Wir erhalten eine gute Unterstützung von Stadt und Land. Diese könnte aber noch besser sein.
Mehr öffentliches Geld?
Ich rede gar nicht von finanziellen Zuwendungen, sondern es geht darum, noch mehr Kinder zum Eishockey zu bringen bzw. allgemein zum Sport.
Der KAC ist eine so starke Marke, ist in einer Landeshauptstadt als größter Klub aber kaum präsent. Herrscht Aufholbedarf?
Natürlich müssen wir hinterfragen, wie wir noch professioneller werden könnten. Allerdings bedeutet das auch mehr Personal und mehr Kosten. 2007 hatte ich neben einer Sekretärin noch zwei Leute. Mittlerweile braucht es zehn Angestellte. Ich habe die Liga bereits gewarnt, dass sich das einige Klubs nicht mehr leisten werden können. In Schweden ist das anders. Da helfen Ehemalige, die während ihrer Karriere Millionen verdient haben.
Es gab im Klub unlängst personelle Veränderungen. Johannes Reichel ist nicht mehr Sportmanager. Sind Sie der alleinige Chef?
Natürlich habe ich die Letzt-verantwortung im wirtschaftlichen und sportlichen Bereich. Das bedeutet nicht, dass ich Transfer-Entscheidungen alleine treffe. Roger Öhman bringt sich mit schwedischer Eishockey-Philosophie ein, Kirk Furey verkörpert kanadische Mentalität, Zdenek Picka ist Tscheche und dazu verfügen wir über ein finnisches Trainer-Team – diese Mischung macht unsere KAC-Mentalität aus.
Eine große Organisation mit viel Tradition, viele Experten, ein großer Trainerstab – fehlt da nicht ein Sportdirektor, der verhindert, dass zu viele Personen mitmischen?
Salzburg ist noch größer und verfügt ebenfalls über keinen Sportdirektor. Bei uns ist es jedenfalls nicht nötig.
Um einen Gegenpol zu Trainer Petri Matikainen zu schaffen?
Ihm wird genau auf die Finger geschaut. Und Matikainen fragt mich ja immer nach meiner Meinung. Es ist nicht meine Aufgabe, dem Trainer zu befehligen, wie er aufstellen muss.
Wäre es heuer nicht einmal an der Zeit gewesen, Routiniers eine Pause zu gönnen und junge Spieler einzusetzen?
Dafür ist der Trainer zuständig, sonst eröffne ich ihm automatisch eine Ausrede. Gefragt habe ich ihn aber schon.
Matikainens Antwort?
Er sagte, die Spieler müssen im Kampfmodus bleiben. Das ist für mich nachvollziehbar. Meiner Meinung nach herrscht hier unter den Österreichern ein Mentalitätsproblem.
Das bedeutet?
Die Spieler sehen das Farmteam als Strafe. Statt nach einer Verletzung sich in der zweiten Liga an das Tempo zu gewöhnen, schauen einige lieber in der Ersten zu und beschweren sich, wenn sie dann nicht spielen.
Apropos Farmteam: Der Betrieb kostet ja viel Geld. Wann wird sich diese Investition rechnen?
Schon jetzt. Seit zwei Jahren baut sich von unten Druck auf. Die Mannschaft wird tiefer und bei jedem Ausfall kann ein Spieler raufgezogen werden. Wann sich das rentiert? Die Liga könnte irgendwann sagen, dass wir mit vier Ausländern spielen.
Würden Sie dem zustimmen?
Ich glaube nicht, dass es funktioniert. Man müsste allein bei Dornbirn, Innsbruck, Linz und Graz etwa 40 Imports abziehen. Woher sollen die Österreicher kommen? Wir reden von 40, die in der EBEL spielen sollen.
Zum Raufziehen: Wie soll das funktionieren, wenn dann der Kader eigentlich überquillt und dann noch mit Matt Neal ein weiterer verpflichtet wird?
Sie meinen, wenn die Österreicher beleidigt sind? Da widersprechen sich doch alle selbst. Wenn Neal nicht so gut ist, dann muss sich ja niemand sorgen machen. Der hat sich eben reingespielt. Und diese Chance hatten auch die Österreicher.
Unpopuläre Entscheidungen bringt das Geschäft mit. Erinnern Sie sich, wann Sie das letzte Mal die Nacht davor schlecht geschlafen haben?
Als ich Kirk Furey nahelegen musste, dass er aufhören soll. Nicht, um ihn zu schaden, sondern zu helfen. Ein Jahr zu viel in Klagenfurt kann dir jede Reputation zerstören. So ist er als Held abgetreten und macht bei uns einen super Job als Trainer. Oder bei David Schuller. Ich versuche da ehrlich zu sein.
Der KAC polarisiert. Arroganz ist ein größeres Thema als anderswo. Warum?
Es wird immer so sein, dass man uns liebt oder hasst. Wie bei jedem Sportverein. Wir verlangen aber von den Spielern ein dementsprechendes Auftreten. Allen ist bewusst, dass auch die Fans wichtige Sponsoren sind.
Sind Sie grundsätzlich zufrieden?
Ja. Ich bin ein Mensch, der immer das Gesamte sieht. Die Fortschritte der letzten Jahre im Nachwuchs waren immens. Wir haben viele neue Spieler, einen neuen Trainer, hatten Verletzte und doch läuft derzeit alles gut. Jetzt beginnt aber die wichtigste Phase. Schließlich ist die Stimmungslage im ganzen Klub davon abhängig.