Entweder ist die Dame in der dunklen Uniform der kroatischen Grenzpolizei Eishockey-Fan, oder offenbar sportinteressiert. Zumindest aber nimmt ihr Lächeln ein wenig vom langsam aufgestauten Ärger über die zuvor erlittene 20-minütige Wartezeit an der Grenze. Um es kurz zu machen: Sie wäre gerne dabei gewesen, aber "der Dienst, Sie wissen ja. Viel Spaß, unsere Fans sind verrückt". Worauf man erst hinein darf, nach Kroatien, wenige Kilometer später in die Hauptstadt Zagreb und am Ende in die "Arena", jene futuristische Hallenkonstruktion, die Bühne für eine der größten Sportveranstaltungen post-jugoslawischer Sportgeschichte ist.

So nüchtern ihre Architektur auch aus der Erde des Stadtteils "Laniste" gestampft wurde, so emotional sind ihre Besucher. Die Kroaten leben den Sport nicht einfach, sie zelebrieren ihn und seine Helden. Als Joe Sakic, NHL-Legende, Stanley Cup- und Olympiasieger plötzlich am Videowürfel auftaucht, wird es still. "Ich weiß, was dieser Moment für den Sport in Kroatien bedeutet und ich wäre jetzt verdammt gerne bei euch. Genießt es." Dass sich Sakic zu einem Video-Auftritt überreden hatte lassen, war selbst beim Gastgeber Medveak Zagreb nur einem kleinen eingeweihten Kreis bekannt. Feuersäulen geleiten die Cracks des Hauptstadt-Klubs Sekunden später auf das Eis.

Wobei: Ob die wahren Stars auf der Spielfläche oder auf den Zuschauerrängen zu suchen sind, bleibt in Zagreb offen. Stadt und Land gelten als sportverrückt. "Vor eineinhalb Jahren haben die meisten Zuschauer hier noch nicht mal die Eishockey-Regeln gekannt. Jetzt kommen sie zu jedem Spiel", beschreibt es ein kroatischer Journalist. Im Gegensatz zu den Fans des lokalen Fußballklubs Dinamo gelten die Eishockey-Pendants als fanatisch, aber friedlich.

Zurück in die Halle: Wer das Kärntner Freiluft-Derby als ultimatives eiskaltes Erlebnis empfunden hat, der muss seine Meinung wohl spätestens in Zagreb revidieren. Das Dach der 90 Millionen Euro teuren Arena wirkt wie der Deckel eines akustischen Schnellkochtopfs.

Dem tut auch die rasche Führung der Klagenfurter Gäste keinen Abbruch. Fast trotzig schallt es nach dem zweiten Treffer "Zig, zag - Medveak", durch die Arena, die für drei weitere Spiele Heimstätte der "Bären", das bedeutet Medveak übertragen, bleibt. Der Ausgleich lässt dann endgültig alle Dämme brechen. Der Jubel - vor, während und nach dem benötigten Videostudium - ist ohrenbetäubend. Das folgende, aus Tradition nach jedem Tor dargebotene, Lied "Zagreb, meine große Liebe", grenzt allerdings an akustisches Waterboarding.

Der Laune von Damir Gojanovic tut das keinen Abbruch. Vorbei sind die Zeiten, als der 38-jährige Präsident der Klubs seine Gäste vor allem mit dem Versprechen auf Bier um unter zwei Euro anlocken musste. Im Match gegen den KAC sitzt der ehemalige National- und Medveak-Stürmer lächelnd auf der Tribüne. "Gänsehaut", spüre er, sagt er dem kroatischen Fernsehen.

Nach 65 Minuten und einem 4:3-Sieg des KAC im Penaltyschießen ist es vorbei, und Gojanovic ist nicht der einzige Zuseher, der die Halle mit Gänsehaut verlässt: "Das sollte die Jungs für die Partie in Ungarn wohl motivieren", sagt Trainer Manny Viveiros. bevor er in den Katakomben verschwindet.

"Neun Wochen Auszeit, dann die Rückkehr, dann die zwei Tore hier - unpackbar", freute sich Stürmer Tyler Scofield. Den größten Spaß hatte allerdings Goalie Andy Chiodo: "Die Fans, die Geräuschkulisse, diese unglaubliche Arena hier in Zagreb - es war völlig verrückt."

Der VSV, der am kommenden Freitag zu Gast ist, weiß also, was zu erwarten ist.