Herr Mateschitz, was sagen Sie denn zu Lindsey Vonn? Sie haben ja wieder genau auf die Richtige gesetzt.
Dietrich Mateschitz: Ja, Lindsey war bei der WM tatsächlich das Maß aller Dinge. Sie ist aber auch eine der wenigen, die wirklich allround sind. Und das macht sie so einzigartig.

Nach welchen Kriterien suchen Sie sich einen Sportler aus?
Mateschitz: Lindsey Vonn ist klassisch für das Red-Bull-Modell. Sie hat mit Robert Trenkwalder den besten Speed-Trainer der Welt, dazu kommt unser Diagnostikzentrum im Thalgau und die Zusammenarbeit mit ihrem Nationalteam rundet das ab. Da passt einfach alles. Da geht es nicht bloß um bares Geld, nicht um klassisches Sponsoring. Wir begleiten einen Sportler über Jahre. Wie auch im Eishockey, im Motorsport oder im Fußball.

Weil Sie Eishockey ansprechen. Da läuft es derzeit ja nicht gerade rund?
Mateschitz (erstaunt): Wieso? Trainer Pierre Pagé macht in Absprache mit uns alles völlig richtig. Sein Konzept braucht zumindest drei Jahre. Die Ergebnisse wird man nicht heuer, sondern frühestens nächstes, wahrscheinlich erst übernächstes Jahr zu sehen bekommen.

Aber Red Bull hat den Meistertitel zu verteidigen?
Mateschitz: Der Meistertitel ist heuer gar nicht unser oberstes Ziel. Es geht um unser Konzept mit dem Nachwuchs. Nur, hier gibt es in Österreich eben eine Diskrepanz. Wir wollen gut sein, aber nichts dafür machen. Da muss sich auch der Verband Kritik gefallen lassen. Warum blockiert man unser Farm-Team? Im Fußball ist es ja genau das gleiche, wenn wir in Zukunft keine Mannschaft mehr in der Ersten Liga haben dürfen.

Und warum ist Ihnen mit Dieter Kalt einer der besten Eishockeyspieler, die Österreich hat, davongelaufen?
Mateschitz: Wir haben mit Dieter Kalt mehrere Gespräche geführt. Er konnte sich mit unserem Konzept und mit Trainer Pagé nicht identifizieren. In so einem Fall muss man sich für den Trainer oder für den Spieler entscheiden. Wir haben Kalt gesagt, er soll wo anders spielen, wo er sich wohler fühlt als bei uns.

Kommen wir zum Motorsport. Wie schaut es da mit dem Nachwuchs aus?
Mateschitz: Wir haben bei unseren Red-Bull-Junioren gerade wieder neu selektiert. Das braucht also wieder zwei, drei Jahre, bis man etwas abschätzen kann. Aber uns geht es nicht nur ums Talent, es muss auch die Persönlichkeit stimmen.

Sebastien Buemi, Ihr neuer Pilot bei Toro Rosso, ist so einer, bei dem alles stimmt?
Mateschitz: Buemi ist nicht nur gut, er ist sehr gut. Willensstark, kompromissloser Einsatz, sehr guter Grundspeed, Talent. Ein typisches Resultat unserer jahrelangen Selektionsverfahren. Aber in einem Formel-1-Auto zu sitzen, sagt noch nicht viel. Jetzt fängt es für ihn erst an.

Warum haben Sie Sebastien Bourdais behalten?
Mateschitz: Er hatte im Vorjahr wenig Glück, das stimmt. Aber wenn wir in jemanden investieren, bekommt er von uns auch eine zweite Chance.

Wollen Sie den Toro-Rosso-Rennstall eigentlich noch immer verkaufen?
Mateschitz: Wenn ein seriöser Interessent kommt, werden wir mit ihm reden. Mittelfristig steht Toro Rosso zum Verkauf. Weil es im Reglement, dass wir unsere Ressourcen nicht mit zwei Teams nützen dürfen, auch keinerlei Bewegung gibt.

Was fällt Ihnen zum neuen Auto von Red Bull ein?
Mateschitz: Ich gehe seit 14 Jahren mit großem Optimismus in jede neue Saison. Und ich sage auch heuer wieder, dass wir ein sehr gutes Auto haben. Dazu haben wir die beiden stärksten Fahrer (Sebastian Vettel & Mark Webber, Anm.) zusammengespannt. Bleibt nur der Renault-Motor, der letztes Jahr nicht immer konkurrenzfähig war.

Renault war zum Jahreswechsel ganz knapp vor dem Ausstieg aus der Formel 1? Haben Sie das mitbekommen?
Mateschitz: Nicht nur Renault. Ebenso Toyota und angeblich auch BMW. Vermutlich hinterfragt sich in Zeiten einer globalen Rezession die ganze Formel 1.

Die Sparmaßnahmen sind Ihnen weitreichend genug?
Mateschitz: Es geht nicht um individuelles Sparen von Red Bull. Die Maßnahmen wurden mit der FIA (Automobil-Weltverband, Anm.) vereinbart. Aber sie kommen Privatteams natürlich entgegen. Man hat zwar keine Garantie, dass man sich für 500 Millionen Euro eine Sekunde kaufen kann, aber die Wahrscheinlichkeit ist höher.

Um wie viel hat Red Bull sein Budget gekürzt?
Mateschitz: Ich habe die Zahlen nicht detailliert im Kopf. Aber so lange man am Fun-Faktor spart, ist das notwendig und richtig. Wenn durch Einsparungen das Auto langsam würde, wäre es allerdings der falsche Weg.

Lässt sich Ihr Saisonziel in Ziffern ausdrücken?
Mateschitz: Wir wollen an die zwei, drei Top-Teams anschließen. Im so genannten Mittelfeld will Red Bull vorne dabei sein. Alles, was schlechter als Platz vier oder fünf wäre, würde nicht unserer Zielsetzung entsprechen.

Letzte Frage: Haben Red-Bull-Sportler eigentlich einen Passus betreffend Doping in ihren Verträgen?
Mateschitz: Erstens machen wir keine Verträge im herkömmlichen Sinn. Und wir suchen unsere Sportler dementsprechend aus. Wir haben bei über 600 Sportlern in 20 Jahren keinen einzigen Dopingfall gehabt.