Eine Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden durch die Meisterschaft der Eishockey-Bundesliga: Nämlich, dass die Schiedsrichter mit dem Spielniveau inzwischen nicht mehr mithalten können. Verstärkt wurde diese Ansicht am letzten Sonntag, als der KAC nach einer Fehlleistung der Pfeifenmänner Pavel Cervenak und Georg Veit in Salzburg eine 1:2-Niederlage hinnehmen musste.
Keine Frage: Schiedsrichter haben es im Eishockey nicht immer leicht. Aber richtig schwierig wird es erst, wenn keine Schiedsrichter da sind. Oder zu wenig qualifizierte - wie in Österreich. So ein Lapsus, wie er in Salzburg passiert ist, hätte in der Schweiz oder in Deutschland eine lange Nachdenk- und Lernpause für die "Zebras" nach sich gezogen. Schiedsrichterobmann Martin Labitzke hat angewiesen, das Duo lediglich für zwei Wochen aus dem Spielverkehr zu ziehen. Länger geht nicht. Denn: Erstens habe er nicht so viele Schiedsrichter und zweitens gebe es keine anderen. Labitzke verkniff sich festzuhalten: Es gibt in Österreich keine besseren.
Zwischen 300 und 350 sind es, die sich regelmäßig das gestreifte Leibchen über den Kopf ziehen. Der Bundesligakader umfasst 15 Hauptschiedsrichter. Und in gewisser Hinsicht müssen Schiedsrichter ohnehin Masochisten sein. Lob gibt es für sie kaum, die Wächter der Regeln werden vornehmlich getadelt, beschimpft und manchmal sogar verachtet.
"Das hätte selbst Stevie Wonder gesehen", ist noch harmlos, was ihnen so entgegengeschleudert wird, wenn sie nicht so pfeifen, wie es manche gerne hätten. Bis zu 300 Mal - und das in Sekundenbruchteilen - müssen sie im Eishockey entscheiden. Es gilt, den Spielern immer einen Schritt voraus zu sein, das richtige Gespür für die Situation und die Schliche der Profis zu entwickeln. Dazu kommt ein enormer Druck, aufgebaut von Spielern, Trainern, Zuschauern und Medien. Da, sind Experten überzeugt, würden sich ehemalige Spitzen-Eishockeyspieler leichter tun als solche, die mit dem Sport als Aktive nicht viel zu tun hatten.
D ieter Kalt war seinerzeit einer der Wenigen, der nahtlos die Seiten wechselte: Der heutige Eishockey-Präsident mutierte nach seiner Laufbahn in den 70ern als Bundesligaspieler zum Bundesligaschiedsrichter, ohne die große Ochsentour durchzumachen. Ein Experiment, das sich durchaus bewährt hatte. Karl Korentschnig , der Vorsitzende des Strafsenates, verdankte seine außergewöhnliche Schiedsrichterlaufbahn ebenfalls einer Eishockey-Affinität in der KAC-Jugend. Im derzeitigen Bundesligakader hat lediglich der Salzburger Roland Kellner Erfahrung als Spieler auf höherem Level.
Warum ehemalige Spieler, wie im Fußball übrigens auch, den Schiedsrichterjob meiden wie der Teufel das Weihwasser, erklärt Kalt offen: "Wer lässt sich schon gerne wegen eines Butterbrotes regelmäßig beschimpfen?"
Wobei das mit dem Butterbrot nicht mehr ganz so stimmt: 300 Euro pro Kopf und Nase kassiert heute ein Hauptschiedsrichter in der Bundesliga, die Assistenten erhalten 200. Bahnfahrt erster Klasse und ein Verpflegungssatz von 30 Euro fetten das Honorar noch etwas auf. "Aber", erläutert Schiedsrichterobmann Labitzke, "wir haben herausgefunden, dass die Schiedsrichter im Schnitt 13 Stunden und 700 Kilometer unterwegs sind." Ein durchaus adäquates Schmerzensgeld, meinen andere.
Des Geldes wegen lassen sich aber garantiert nur die wenigsten Eishockey-Schiedsrichter beschimpfen. Es ist angeblich auch weniger der Hang zur Machtausübung, sondern das Gefühl, einen kleinen Teil zu einer großen Sache beizutragen, die Schiedsrichter antreibt. Absichtlich entlockt deshalb mit Sicherheit keiner seiner Pfeife falsche Pfiffe. Das ist freilich für jene Mannschaft, die dadurch benachteiligt wird, ein eher schwacher Trost.