Die Aussage „ab ins Wohnzimmer oder ins Büro“ lässt bei Kärntens Dressurreiter Christian Schumach eine spezielle Bedeutung erahnen. Sein täglicher Weg führt ihn in den Stall, auf die Koppel oder in die Reithalle zu seinen „Partnern“, wie er es charmant formuliert. Um die 40 Pferde werden am Gut Muraunberg, einem idyllischen Fleckchen Erde, von Familie Schumach und ihrem routinierten, sechsköpfigen Team behutsam und „all-inclusive“ verwöhnt. Sie leben weitestgehend ein Pferde-Luxusleben, wo keine Wünsche offen bleiben. „Wir gehen hier alle gemeinsam durch dick und dünn. Wir fördern ihre Talente und fordern unsere Pferde auch gleichzeitig. Und tun alles dafür, dass es ihnen sehr gut geht.“ Man müsse für diese Aufgabe „brennen“.

Mit seiner Lebensgefährtin Stephanie Dearing betreibt der Kärntner Spätstarter seit 14 Jahren die Reitsportanlage nahe St. Veit mit absoluter Hingabe. „Es ist mein großes Glück, dass mein Lebenstraum zugleich mein Arbeitsplatz ist. Bei uns dreht sich tatsächlich den ganzen Tag alles um die Pferde.“ Die, wie er erzählt, „die unterschiedlichsten Gesichtsausdrücke und Emotionen haben, wie wir eben auch.“

Neben dem kleinen Streber „Te Quiero“ – mit ihm feierte er in Tokio sein Olympia-Debüt – hat der 42-Jährige seit vergangenem Dezember ein neues Pferd an seiner Seite. Die Rede ist von „Amplemento“, ein aufmerksamer, neugieriger „Showman“, der sich gern im Rampenlicht suhlt. „Jedes Pferd ist anders. Das ist das reizvolle und spannende, mit ihren diversen Gefühlslagen zu arbeiten. Wie sie dir Freude machen, können sie dir aber auch schlaflose Nächte bereiten, wenn etwas nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen. Wie in einer Beziehung“, erklärt Schumach, ein Perfektionist, der nach Idealen strebt und der auch kein Geheimnis daraus macht, dass er selbst sein größter Kritiker ist. Geduld sei nicht seine Stärke.

„Oft ist auch Einfallsreichtum gefragt“

Er habe sich über die Jahre hinweg zu einem Gewohnheitsmenschen entwickelt. „Für Pferde muss immer alles gleich sein, sie müssen wissen, was passiert, um sich sicher zu fühlen und das habe ich übernommen.“ Wenn es jedoch darauf ankommt, schlägt die Spontanität in ihm zu. „Wenn ich in den Stall gehe, weiß ich oft nicht, was mich erwartet. Oft ist auch Einfallsreichtum gefragt, weil die Pferde auch nicht immer gleich gut aufgelegt sind.“

Der Paradeathlet, der sich 2006 seinen ersten GP-Sieg auf internationaler Ebene geschnappt hat, ist allerdings nicht nur aktiver Reitsportler, sondern fungiert darüber hinaus als erfolgreicher Trainer. Ein „Drahtseilakt“, da beides sowohl viel Zeit als auch Konzentration erfordert. Das Ticket für die Olympischen Spiele in Paris hatte sich Österreichs Dressurteam um Schumach, Victoria Max-Theurer, Florian Bacher und Stefan Lehfellner bereits 2023 als EM-Siebente gesichert. Nach Tokio (21.) sind es für den leidenschaftlichen Hobbykoch die zweiten Sommerspiele.

Vertrauen spielt eine wesentliche Rolle

„Es ist mittlerweile mein siebentes Championat und die sind nun mal die Sahnehaube“, meint Schumach, der mit seiner Prüfungsstärke in den vorgegebenen sieben Minuten brilliert. „Es geht vor allem um nonverbale Kommunikation und Berührungen. ‚Te Quiero‘ beispielsweise hat so ein Stadion, wie in Tokio, vorher noch nie gesehen. Das hätte theoretisch mit einem unerwarteten Verhalten völlig schiefgehen können. Da spielt Vertrauen eine wesentliche Rolle und unsere Arbeit ist darauf aufgebaut, es positiv zu verstärken.“ Und eines ist für den „Pferdeflüsterer“ unbestritten:

Vor dem unmittelbaren Saisonhighlight in Frankreich wurden sowohl Reiter als auch Pferd auf Herz und Nieren geprüft – vom Konditionstest bis hin zu einem kompletten Ärztecheck. „Wir werden engmaschig überwacht und müssen jederzeit mit Dopingproben rechnen. Wir hatten heuer bereits vier Tests. Als Mensch darf man bestimmte Schmerzmittel zu sich nehmen, das Pferd nicht“, verriet Schumach, dessen begabte 13-jährige Tochter Hannah ihrem Papa um nichts nachsteht. Sie ist dem Reitvirus längst verfallen und fährt heuer sogar schon zur Europameisterschaft ins belgische Opglabbeek.