Schlagartig geht nichts mehr. „Es ist, als würde man den Stecker einer Maschine herausziehen“, sagt Martin Messener. Wie ein Vorschlaghammer spielt die Hypophyse das Lied vom Tod. Es sind die Symptome einer Hypoglykämie, die Radfahrer immer wieder auf einer Etappe aus der Bahn werfen. „Man hat keinen Druck mehr auf dem Pedal, fühlt sich benommen, etwas schwindelig und bekommt einen Tunnelblick.“ Die Rede ist vom „Hungerast“, der schon so manchen Traum vom großen Erfolg zerstört hat. Ein Gel nicht gegessen, einen Riegel ausgelassen und wenig später geht es bergab. Im Wettkampf, der gerade in den Bergen mit permanenter Belastung am Limit und höchster Aufmerksamkeit geführt werden muss, um nicht den Anschluss und damit alle Siegchancen zu verlieren, bleiben die Vorzeichen oft unbemerkt.

Wenn heute die Tour of Austria von St. Johann über den Großglockner führt, wird auch die Energieversorgung ein viel beachtetes Thema sein. Denn nicht nur ihre Majestät höchstpersönlich kann Probleme bereiten. Denn nach dem Hochtor (2495 m) sind es noch 86 Kilometer und eine Bergwertung am Iselsberg bis zum Zielanstieg nach Kals.

Martin Messner von WSA Graz
Martin Messner von WSA Graz © GEPA pictures

Deshalb werden die Fahrer während des Rennens von den Betreuern im Auto oder im „Buffet“ versorgt, jenem Bereich, in dem die Betreuer vom Straßenrand aus Verpflegungsbeutel reichen, aus denen sie die Athleten bedienen. Dabei gilt nicht das Credo der Omi beim Sonntagsessen: „Eini, wos eini mog“. Messner achtet darauf, 120 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde zu sich zu nehmen. „Bei einer Bergetappe von vier Stunden nehme ich meist acht bis zwölf Gels zu mir“, sagt Messner. Im Vorjahr war bester Österreicher des Klassements (14.), aktuell ist er Viertbester (21.).

Die klebrige Paste wird mit ebenfalls kohlenhydrathaltigen Getränken hinuntergespült, dazu kommen Riegel und Reiskuchen, die die Betreuer zubereiten. Bis zu zehn Flaschen trinken die Fahrer auf der Etappe, bei Hitze auch mehr. Sie lagern in mit Eis gefüllten Kühlboxen im Kofferraum der Begleitfahrzeuge. Deshalb laufen die Eismaschinen in den Teamhotels auf Hochtouren. Dort wird mit Frühstück und Abendessen auch am Tisch gegessen, und das nicht zu knapp.

Das vertilgt Martin Messner auf einer Bergetappe von gut vier Stunden
Das vertilgt Martin Messner auf einer Bergetappe von gut vier Stunden © KK

An die 8000 Kilokalorien verbrauchen die Profis pro Tag, Energie, die Tag für Tag zugeführt werden muss. Keine leichte Aufgabe: „Die großen Mengen an Kohlenhydraten sind vor allem vom Appetit her nicht immer leicht zu bewältigen“, sagt Messner, „ausreichend zu essen wird vor allem mit Dauer der Rundfahrt zum Kriterium“. Große Teams nehmen bei Grand Tours eigene Köche mit, die in Absprache mit Ernährungsexperten die benötigten Mengen und Bausteine kulinarisch zusammenstellen.

Reis mit Nutella

Dennoch treibt eine solche Woche oft auch kulinarisch seltsame Blüten. „Manche essen so skurrile Kombinationen wie Reis mit Nutella oder Marmelade oder mit Kakao.“ Ein Klassiker ist aber immer noch Reis mit Thunfisch. „Es ist schwer, die Mengen an Reis und Nudeln noch ,reinzukriegen´ und eines ist sicher: Nach einer Tour will und kann mindestens eine Woche lang niemand mehr Reis oder Nudeln sehen oder riechen.“