Eine Stadt mit rund 17.000 Einwohnern ist in dieser Eishockeysaison auf der ICE-Landkarte ganz dick unterstrichen: Bruneck. Das idyllische Städtchen, eingebettet im Pustertal am Fuße der Dolomiten wird in diesem Jahr ein Play-off-Halbfinale gegen Österreichs Rekordmeister KAC erleben. Ein echtes Husarenstück, das den Südtirolern da gelungen ist. Nicht nur, weil sie durch das Pre-Play-off mussten und dort eine Serie gegen Ljubljana drehten, sondern vor allem auch, weil sie die bärenstarken Mannen von Fehervar in sieben Spielen in die Schranken wiesen. Im ersten 19. Spiel sieben der Ligageschichte gewann Bruneck in Ungarn überzeugend mit 4:1 und darf jetzt gegen den Grunddurchgangssieger ran.
„Wir sind einfach schon das ganze Jahr über eine echte Familie, richtig nahe zusammengerückt. Was hier passiert, ist einfach der Wahnsinn“, jubelte Pustertals drittbester Torschütze, Alex Petan. Und Familie, das trifft es mit einem Blick auf den HCP überhaupt gut. Der Gegner, der ab Dienstag (19.30 Uhr, Puls24) die Rotjacken fordern wird, ist klein, aber gut strukturiert. Alle ziehen in der Organisation um Präsident Erich Falkensteiner, Sportchef Patrick Bona und „Mr. HCP“ Patrick Kirchler, Presse- und Hallensprecher, Stadionwirt, Vereinschronist und Edelfan in einem, an einem Strang. Bei Sponsoren- und Social-Media-Aktionen werkt man stets kreativ – und hat ein Händchen für gute Legionäre. Dann zeigen auch einige bereits mehrfach abgeschriebene Spieler, dass Alter manchmal nur eine Zahl ist. Wie etwa Rick Schofield (36), der Play-off-Topscorer der Italiener (12 Punkte), der vor zwei Jahren noch ein Spiel sieben im Viertelfinale des VSV gegen Ljubljana entschieden hatte und auch weiß, wo beim KAC das Tor steht.
Pustertal, das sich sowohl auf Funktionärs- als auch auf Fanebene übrigens bestens mit dem VSV versteht, ließ sich auch durch Tiefschläge nicht verunsichern. Auch dann nicht, als am 2. Jänner Trainer Tomek Valtonen das Handtuch warf und nach tollem Saisonstart einen tabellarischen Mittelständler an den erst 37-jährigen Co-Trainer Kasper Vourinen übergab. Und der hat nach eigenen Aussagen „einfach einen Weg gefunden, hart zu kämpfen und über 60 Minuten konstant zu sein.“ Was wie ein Stehsatz des Finnen klingt, birgt aber auch viel Wahrheit in sich. Bruneck wird auch dem KAC nicht viel Raum schenken, physisch dagegenhalten und vorne seine individuelle Klasse ausspielen wollen.
Lange Titellosigkeit im Pustertal
Und dann soll in der dritten Saison der Teilnahme an der ICE Hockey League vielleicht auch der ganz große Coup gelingen. Mit einem Finaleinzug könnte man auch einmal den großen Erzrivalen Bozen in den Schatten stellen – oder ihn vielleicht im Finale fordern. Auf einen Titel wartet man in Bruneck nämlich schon lange. Die Liga gewann man unter dem Namen EV Bruneck im legendären „Rienzstadion“ letztmalig 1972 in der Serie B, Italiens zweithöchster Spielklasse. Italienischer Vizemeister war man wohl in der Zwischenzeit sechsmal, einmal in der Alps-Liga. Dafür gab es schon vier Cup-Titel.
Nun will der HC Pustertal in der ICE, die man selbst als „Konzert der Großen“ bezeichnet, nach den Sternen greifen und in ihrem Schmuckstück von Heimstätte, der Intercable-Arena, noch weitere Erfolge feiern. Die Wertschätzung der Teilnahme ist übrigens so groß, wie bei kaum einem anderen Klub. „Als unglaubliche Ehre“ empfinden sie es, zeigen ihre Liebe und Leidenschaft für diese Liga offen. Für Ehrfurcht ist allerdings jetzt kein Platz. Sonst ist gegen den KAC sicher Endstation.