Es gab dicke Luft: Die Kollektivvertragsverhandlungen waren konfliktbeladen und zäh. In einem Punkt waren sich aber alle Beteiligten einig: Lehrlinge sollen mehr Geld erhalten. Und das Plus ist zum Teil auch sehr deutlich ausgefallen. Je nach Branche gibt es zwischen 6 und 16 Prozent mehr Geld. Und das nicht, weil die Firmen einfach so großzügig sind, sondern weil ihnen in den vergangenen Jahren die Lehrlinge „ausgegangen“ sind, und damit vielfach die Fachkräfte von morgen fehlen – vom Koch bis zum Schlosser.
Viele Betriebe würden noch mehr Lehrlinge aufnehmen, wenn es diese gäbe. Es sind sich aber auch alle einig, dass in den vergangenen Jahren eine wichtige Trendumkehr stattgefunden hat und noch stattfindet. Das Image der Lehre, das jahrzehntelang gelitten hat, wird deutlich aufpoliert. Die Ausbildungsqualität steigt, Modelle wie Lehre mit Matura oder Lehre nach der Matura bieten den jungen Menschen in der Folge zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen. Die ausgebildeten jungen Leute vereinen das Beste aus zwei Bildungswegen in sich. Und ihr höheres Ansehen verdankt die Lehre letztendlich auch der Tatsache, dass nicht mehr wie früher ein „Hungerlohn“ gezahlt wird, sondern die Fachkräfte von morgen zum Großteil eine faire Entlohnung für sich verbuchen können.
Im ersten Lehrjahr verdient ein Lehrling bei Spar ab 1. September 2019 700 Euro, im dritten Lehrjahr 1210 Euro. Christina Toser will auch beim Lebensmittelhändler bleiben, wenn sie ausgelernt hat. Und sie hat sich entschieden, ihre Ausbildung im Sinne künftiger Aufstiegsmöglichkeiten als Lehre mit Matura fortzusetzen: „Ich strebe eine Marktleitung an.“
Aber nicht in allen Branchen sind die Kollektivverträge so attraktiv. Die Lehrlingsentschädigung variiert je nach Beruf äußerst stark, wie man an den Zahlen ablesen kann. Während Friseure beispielsweise im ersten Lehrjahr 490 Euro brutto verdienen, sind es im Baugewerbe 963 Euro. Weshalb Susanne Hofer, die Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), die jüngsten Erhöhungen zwar als „gutes und wichtiges Signal“ wertet, gleichzeitig aber auch eine „Mindestlehrlingsentschädigung“ fordert. Aus Sicht der ÖGJ sollte diese quer durch alle Branchen im ersten Lehrjahr bei mindestens 850 Euro liegen – was intensiv diskutiert wird.
Astrid Jäger