Sie spüren natürlich den demografischen Wandel, man braucht mehr Personal – wo gibt es die größten Problemzonen bei den Bewerbungen?
Walser: Das größte Hindernis ist die Sprache. Der Migrationsanteil bei den Bewerbern steigt wie die Anzahl jener, die den theoretischen Aufnahmetest nicht schaffen, weil sie die Sprache nicht beherrschen. Wir haben einen Lehrling, der durchgefallen ist, trotzdem aufgenommen, weil er in seinen Fähigkeiten für den Job so gut war. Wir sind heute vollauf zufrieden, er ist sehr fleißig, das einzige Problem ist die Sprache – und er tut sich schwer, sich zu integrieren.
Sie bieten den Lehrlingen immer mehr, auch abseits der monetären Basis: Was ist notwendig, um die Lehrlinge ins Unternehmen zu bringen?
Walser: Wir schwimmen nicht auf der Welle, dass wir einen Führerschein zahlen oder dass wir bei einer Auszeichnung ein Motorrad schenken. Wir haben andere Incentives: Auslands- und Austauschprogramme mit anderen Unternehmen, wir zahlen das Top-Ticket. Aber viel wichtiger ist es, eine Perspektive zu bieten. Dass Lehrlinge, wenn sie fertig gelernt haben, auch einen Job bekommen. Wir bilden genauso viele Lehrlinge aus, wie wir brauchen. Und bieten die Aussicht in einem Weltkonzern Karriere zu machen.
Czelecz: Das ist bei uns ganz gleich. Wir sind keine großen Schenker, wir bieten die gleichen Sachen an. Die Lehre mit Matura ist für die Eltern ein sehr wichtiges Argument.
Walser: Das ist die am häufigsten gestellte Frage bei Berufsmessen. Wenn du das nicht machst, bewirbt er sich nicht. Das bieten wir an, 50 Prozent der Lehrlinge machen da mit.
Czelecz: Wichtig ist auch eine gute Mundpropaganda. Wenn ein Meister sich etwa um Lehrlinge intensiv kümmert – auch mit einem angenehmen Arbeitsklima kann man Lehrlinge gewinnen. Wichtig auch: In der Industrie verdienen Männer und Frauen gleich.
Wissen die Lehrlinge, die sich bei Ihnen bewerben, wo die inhaltlichen Schwerpunkte in Ihren Unternehmen sind?
Walser: Wir erleben sehr oft, dass sie nicht unbedingt wissen, was wir machen.
Czelez: Wir erleben auch, dass nicht einmal gegoogelt wird, was wir machen.
Walser: Was auffallend ist: Jugendliche verbringen oft stundenlang im Internet, haben aber gleichzeitig Schwierigkeiten, zielgerichtete Informationen über etwas herauszufiltern. Etwa wenn es um eine Lehrstelle oder um einen Lehrberuf geht. Sie kennen sich aber top auf Youtube etc. aus.
Welche Lehre würden Sie heute machen?
Walser: Karosseriebautechniker. Das fasziniert mich von der handwerklichen Seite. Und die Aussichten in Richtung Oldtimer-Restaurierung sind exzellent.
Czelez: Heute würde mich Maschinenbautechnik interessieren, da hat man viele Möglichkeiten. Aber es ist jeder Beruf in jeder Firma anders, weil man überall andere Aufgaben bekommt.
Sie beide verfügen über unheimlich viel Erfahrung in der Ausbildung von jungen Menschen – gibt es Entwicklungen in der Ausbildung – sozial und inhaltlich –, die Sie sich vor zehn Jahren noch nicht hätten vorstellen können?
Czelez: Die Rolle der Frauen ist viel stärker geworden in unserer Branche und das hat sich toll entwickelt. Prozentmäßig haben wir bei den Lehrabschlussprüfungen doppelt so viele Auszeichnungen bei den Mädchen wie bei den Buben. Und wir haben gesehen, dass die 20- bis 25-jährigen Facharbeiter gute Ausbildner sind, die oft besser akzeptiert werden als ältere Ausbildner. Das hat sich ebenso geändert. Ganz wichtig: Wir suchen uns Lehrlinge aus. Kleine Firmen aus Gewerbe und Handel tun sich da oft schwerer.
Walser: Den Wandel bei den Mädchen sehe ich auch positiv, das ist eine ganz wichtige Gruppe an Lehrlingen geworden.
Czelez: Wir wollen letztlich immer herausstreichen, wie wichtig die gesamte Lehrlingsausbildung ist. In der internationalen Bewertung ist das längst klargemacht worden, auch in Österreich wird das in der Bewertung bald so umgesetzt: Die Matura ist gleichzusetzen mit einer abgeschlossenen Lehre, der Meister mit Matura ist gleichzusetzen mit einem Bachelor.