1. Biolebensmittel sind nicht automatisch gut fürs Klima
Wer Biolebensmittel kauft, erwartet gesicherte Qualität, umweltschonende Produkte und ein reines Klima-Gewissen. Meistens stimmt das, aber Biolebensmittel sind auch ein Milliardengeschäft. Es gibt immer mehr Biosupermärkte, auch in regulären Supermärkten und bei Discountern werden immer mehr Biolebensmittel angeboten. Da fragt man sich schon, wo und wie die steigenden Absatzmengen ökologisch produziert werden – und dabei lohnt sich ein Blick aufs Kleingedruckte. Denn Bio ist nicht gleich Bio.
Das grüne EU-Biosiegel, das seit 2012 jedes Bioprodukt im heimischen Handel tragen muss, definiert nur die Mindeststandards nach der EG-Öko-Verordnung. Dazu gehören: kein Einsatz künstlicher Aromen oder Geschmacksverstärker, Begrenzungen der Anzahl der Tiere pro Quadratmeter, Verbot von gentechnisch verändertem Futter und synthetischen Pflanzenschutzmitteln. In Österreich gibt es zusätzlich das staatliche AMA-Biosiegel in zwei Ausführungen: ohne Herkunftsangabe in Schwarz-Weiß und mit Ursprungsangabe "Austria" und rotem Rand. Aber selbst, wer auf die österreichische Herkunft achtet und lange Transportwege vermeidet, tut dem Klima nicht unbedingt etwas Gutes mit dem Verzehr von Bioprodukten.
Eine Untersuchung des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) zum CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln hat ergeben, dass zum Beispiel eine Biokartoffel nicht klimafreundlicher ist als eine aus konventioneller Landwirtschaft. Ein Biosteak ist sogar schlechter fürs Klima als ein herkömmliches, jedenfalls anhand des CO2-Abdrucks betrachtet. Der Grund: Biobetriebe benötigen mehr Fläche, da sie geringere Erträge erwirtschaften, und haben dadurch rechnerisch eine schlechtere Emissionsbilanz pro erzeugtem Agrarprodukt. Die artgerechtere Haltung gleicht diesen Nachteil aber natürlich aus.
2. Fleischersatz ist nicht unbedingt gesund
Burger aus Erbsenprotein, Würstchen aus Seitan und Schnitzel aus Soja – vegane Fleischalternativen stehen gerade hoch im Kurs. Die Produkte schmecken ähnlich wie Fleisch, belasten aber Umwelt und Klima weniger und werden ohne Tierleid produziert. Gesund sind solche Produkte aber nicht unbedingt. Es handelt sich immerhin um hochverarbeitete Lebensmittel, die viel Zucker, Speisesalz oder Fett sowie Zusatzstoffe enthalten können. Solche Lebensmittel können ernährungsphysiologisch ungünstig und daher nicht unbedingt gesundheitsfördernd sein, sagen Experten. Pauschale Aussagen sind dabei schwierig, es kommt auf den Vergleich an. Vergleicht man etwa ein veganes Burgerpatty aus Erbsenprotein mit einem Patty aus Rinderfaschierten aus konventioneller Haltung, dann schneidet der Erbsenburger in der Regel besser ab.
Kein Wunder: Die Weltgesundheitsorganisation stuft verarbeitetes rotes Fleisch als krebserregend ein, unverarbeitet gilt es laut WHO als "wahrscheinlich krebserregend". Der Verzicht auf Fleisch ist daher nicht nur aus Umweltgründen, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen nachhaltig. Gesünder als Fleischersatz sind dennoch unverarbeitete und weniger verarbeitete Proteinquellen wie Seitan, Tofu, Bohnen und andere Hülsenfrüchte.
3. Man muss nicht vegan leben, um sich klimafreundlich zu ernähren
Die Produktion tierischer Lebensmittel emittiert große Mengen an CO2, dennoch: Eine ausgewogene und nachhaltige Ernährung schließt tierische Produkte grundsätzlich nicht aus. Die sogenannte "Planetary Health Diet", eine von einem internationalen Team aus Wissenschaftlern, der EAT-Lancet-Kommission, entwickelte Ernährungsweise, gibt Ratschläge, wie sich Menschen ernähren sollten, um ihre Gesundheit und die Erde zu schützen und es gleichzeitig möglich sein soll, bis zum Jahr 2050 zehn Milliarden Menschen auf dem Planeten ernähren zu können. Auch in dieser Diät sind gewisse Mengen tierischer Produkte empfohlen, etwa 29 Gramm Geflügel und 14 Gramm Fleisch am Tag – deutlich weniger also, als heute im Schnitt zu sich genommen wird.
Für Verbraucher ist es grundsätzlich schwierig, im Supermarkt zu erkennen, welche Lebensmittel nachhaltig sind und welche nicht. Denn um die Auswirkungen eines Lebensmittels auf das Klima zu untersuchen, ist die CO2-Bilanz alleine nicht ausreichend. Auch Aspekte wie der Wasser- und Flächenverbrauch spielen eine große Rolle. Wer sich ausschließlich pflanzlich ernährt, ohne auf die Herkunft des Gemüses zu achten, insbesondere im Winter, kann mitunter dem Klima mehr schaden als mit einer Ernährung, die auch tierische Produkte mit einbezieht.
4. Leitungswasser lohnt sich
Es kostet nur einen Bruchteil von abgepacktem Wasser und fließt jederzeit aus dem Hahn: Leitungswasser ist die klimafreundliche und nachhaltige Lösung beim Durstlöschen. Sicher ist es allemal: Es wird gemäß der Trinkwasserverordnung kontrolliert, wodurch garantiert wird, dass es zu jedem Zeitpunkt trinkbar ist und davon keine Gefährdung für Menschen ausgeht.
Mit einem halben Cent pro Liter ist Leitungswasser um ein Vielfaches günstiger als Mineralwasser und man tut als Verbraucherin und Verbraucher auch noch etwas für die Umwelt, wenn das Wasser direkt aus dem Hahn kommt und nicht in (Einwegplastik-)Flaschen abgefüllt und über Hunderte Kilometer transportiert werden muss. Wasserentnahmen werden angesichts des Klimawandels auch immer wieder zum Politikum. In den vergangenen Jahren sorgten große Konzerne wie Nestlé für Proteste, weil sie sich den alleinigen Zugang zu Wasservorkommen erkaufen und mit ihrer Mineralwasser-Abfüllung etwa in der Region um die französische Kleinstadt Vittel den Grundwasserspiegel senken.