Ulrike Lunacek kommt am 26. Mai 1957 in Krems zur Welt. Ihr Vater arbeitet im ÖVP-nahen Raiffeisenkonzern und steigt zum mächtigen Molkereidirektor auf. Ihre Eltern, erzählt sie bei einer Feier zu ihrem 60. Geburtstag, die mit ihrer Kür zur grünen Spitzenkandidatin zeitlich zusammenfällt, haben zu Hause viel Englisch miteinandergesprochen, deshalb sei bei ihr früh die Neugier für die große weite Welt erwacht. Ihr Bruder leitet heute Restaurants in Graz und Fürstenfeld.
Zur Schule geht sie in Amstetten und später in Wien in der Kleinen Sperlgasse. Mit 16 geht sie für ein Jahr in die USA, nach der Matura trampt sie mit dem Rücksack durch Südamerika. 1975 startet sie an der Universität Innsbruck das Dolmetschstudium für Englisch und Spanisch. In Innsbruck engagiert sie sich für den Aufbau des Frauenhauses Innsbruck.
1984 übersiedelt sie nach Wien, zunächst als Referentin für die Organisation Frauensolidarität in Wien, später als Redakteurin des Südwind-Magazins und als Pressereferentin des Österreichischen Informationsdienstes für Entwicklungspolitik (ÖIE). Dank ihrer Vielsprachigkeit ist sie oft auch beruflich auf Achse - 1994 bei der UNO-Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung in Kairo oder bei der Weltfrauenkonferenz in Peking.
Ihre Karriere in der Politik beginnt 1995 und damit zu einer schlechten Zeit für die Grünen. Als sie in diesem Jahr erstmals für die Grünen kandidiert, erlebt die Partei eine herbe Niederlage. Bei der Basisabstimmung beim grünen Bundeskongress tritt sie als Kandidatin des Schwulen- und Lesbenforums an und wirft sieben Rivalen aus dem Rennen. Wegen des schlechten Abschneidens am Wahlsonntag bleibt ihr das Mandat verwehrt. Doch schon ein Jahr später wird sie als Nachfolgerin von Christoph Chorherr Bundesgeschäftsführerin und zieht 1999 für die Grünen in den Nationalrat als Abgeordnete ein. Dort macht sie sich vor allem für die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgender stark. Als außenpolitische Sprecherin sammelt sie Reiseerfahrung, was sie in Kombination mit ihrer Sprachgewandtheit auf ihre spätere Tätigkeit im Europaparlament vorbereitet.
Der Einstieg in die Europapolitik gestaltet sich schwierig, sie muss sich gegen den Platzhirsch der Grünen, Johannes Voggenhuber, durchsetzen. In einer Kampfabstimmung beim Grünen Bundeskongress setzt sich Lunacek gegen Voggenhuber mit nur 54,7 Prozent durch. 2014 landet sie bei den EU-Wahlen mit 14,52 Prozent das beste, jemals von den Grünen auf Bundesebene erzielte Ergebnis.
Im EU-Parlament kann sie sich schnell einen Namen machen, seit 2013 ist sie Vizepräsidentin der Grünen Fraktion im EU-Parlament und Kosovo-Berichterstatterin. Ein fehlerloser Wahlkampf der fachlich versierten Politikerin bringt den Grünen im EU-Wahlkampf 2014 deutliche Gewinne und ihr einen positiven Ruf auf EU-Ebene.
Trotz anfänglicher Querelen mit Silberrücken und Ex-Europaabgeordneten Voggenhuber erweist sich die gebürtige Kremserin aber als Stabilitätsfaktor der Grünen. Nach ihrer Rückkehr nach Österreich als Spitzenkandidatin der Grünen pendelt die offen lesbische Politikerin zwischen Wien und Brüssel, wo ihre Lebensgefährtin Rebecca Sevilla lebt und arbeitet.