Sebastian Kurz kommt am 27. August 1986 in Wien zur Welt. Sein Vater, Josef Kurz, ist HTL-Ingenieur, seine Mutter, Elisabeth Kurz, AHS-Lehrerin, er wächst in einem besseren Plattenbau in Meidling auf. Sein Vater, erzählt er später, habe in ihm die Neugier für die Welt der Wirtschaft entfacht, seine Mutter jene für die Welt der Sprache und der Bücher. Mit grünen Ideen habe er nie was am Hut gehabt.
Die Familie – Kurz ist Einzelkind – bewohnt eine kleine Wohnung, sein Vater ist vorübergehend arbeitslos, weil Opfer einer Kündigungswelle von Philips. Kurz besucht das Gymnasium in der Erlgasse, das Wochenende verbringt er auf dem großelterlichen Bauernhof im Waldviertel. In der siebten Klasse gründet Kurz mit ein paar Schulkollegen im Rahmen eines Wahlpflichtfaches eine Firma. Der Geschäftszweck: Die Gymnasiasten betreuen gegen Geld Volksschulkinder, lernen und spielen mit ihnen. Kurz ist Geschäftsführer und Marketingleiter.
Der spätere Minister, erzählt der Geo-Lehrer, „hat damals in kurzer Zeit große rhetorische Fortschritte gemacht und bewiesen, dass er delegieren kann“. Dabei deutet er auf ein Foto, das den 16-jährigen Kurz im schwarzen Anzug mit oranger Krawatte vor seinen Mitschülern bei einer Präsentation zeigt. „Ich dachte eigentlich“, so der Geograf, „er geht einmal in die Wirtschaft.“
Legendär sein Einstieg in die Politik. Mit 16 ruft er bei der ÖVP in Meidling an und sagt, er wolle mitmachen. „Komm wieder, wenn du studierst“, soll man ihm geantwortet haben. Kurz gibt nicht auf, probiert es noch einmal bei der ÖVP - diesmal bei der JVP Innere Stadt. Deren Chef heißt damals Markus Figl. Er ist Großneffe des Staatsvertragskanzlers Leopold Figl und nimmt Kurz unter seine Fittiche. Kurz macht schnell Karriere, bald wird Kurz Obmann der Wiener JVP - worunter sein Jusstudium, das er nie beendet hat, mitunter leidet. 2009 übernimmt der gewiefte Netzwerker, der mit ÖVP-Leuten wie Gernot Blümel und Michael Spindelegger das Fitnessstudio teilt, die Bundesorganisation der Jungen ÖVP.
Der Aufstieg innerhalb der ÖVP geschieht rasant. Der Jus-Student ist gerade einmal 21 Jahr alt, als ihn die Partei auf die Kandidatenliste für die Nationalratswahl setzt. Den Einzug ins Parlament schaffte der Jungspund zwar nicht, dafür steigt er 2009, ein Jahr später, zum Obmann der Jungen ÖVP auf. Mit der Nacht-U-Bahn für Wien gelang ihm sogar ein beachtlicher Erfolg, der aber nicht ohne Peinlichkeiten auskam. Über die damalige Kampagne der Jungen ÖVP mit Plakaten wie „24h Verkehr für Wien“ mit einer schmachtenden Frau wird bis heute gelacht. Ebenso wie über Kurz' Aktion zur damaligen Wien-Wahl, als er „Geil-o-mobile“ durch die Stadt schickte. Kurz schaffte es dennoch in den Landtag.
2011 gelingt ihm mit gerade einmal 24 Jahren der Sprung in die Oberliga – dank einer mutigen Personalentscheidung des damaligen ÖVP-Chefs Michael Spindelegger. Der bestellt Kurz trotz zahlreicher Unkenrufe auf Grund seines Alters als Integrationsstaatssekretär, einem nicht unheiklen Bereich. Doch Kurz kann viele seine Kritiker mit seiner Arbeit überzeugen, er vermeidet Fehler. Mit 27 Jahren erklimmt Kurz die Ministerbank – ohne Studienabschluss oder außenpolitische Erfahrung. Die Unkenrufe wurden wieder lauter, doch auch davon schien sich Kurz nicht beeinflussen zu lassen.
In der Flüchtlingskrise wird der ÖVP-Star zum Mahner und beansprucht bis heute die erfolgreiche Schließung der Balkanroute für sich. Außerdem meldet sich Kurz regelmäßig mit medienwirksamen Sagern zu Migration und Türkei zu Wort. Als Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im Mai diesen Jahres das Handtuch wirft, lasten alle ÖVP-Hoffnungen auf ihn. Er erklärt sich zur Führung bereit, fordert dafür aber Durchgriffsrechte ein, die vor ihm noch kaum ein ÖVP-Chef bekommen hätte. Die Partei stimmt zu, Kurz wird Chef und Spitzenkandidat für die Wahl.