Ein veritabler Streit zwischen den USA und Russland überlagert den US-Präsidentenwahlkampf. Der Wahlkampfchef der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, John Podesta, hält die Veröffentlichung seiner gehackten E-Mails durch Wikileaks für ein Werk Russlands zugunsten von Clintons Gegner Donald Trump.
US-Präsident Barack Obama rief indes die Republikaner auf, Trump die Gefolgschaft zu verweigern. Die jüngste Eskalation zeige, wie unsicher der Kandidat der Republikaner sei: "In diesem Amt taugt das nicht als Eigenschaft."
"Seltsamer Zufall"
Es sei ein "seltsamer Zufall", dass die Veröffentlichung der E-Mails kurz nach empörenden Enthüllungen über Trump erfolgt sei. Es gebe eine "russische Einmischung in diese Wahl" und den Versuch Moskaus, "sie zugunsten von Herrn Trump zu beeinflussen". Dies müsse Anlass zu "größter Sorge für alle Amerikaner" sein. US-Präsident Barack Obama rief indes die Republikaner auf, Trump die Gefolgschaft zu verweigern. Die jüngste Eskalation zeige, wie unsicher der Kandidat der Republikaner sei: "In diesem Amt taugt das nicht als Eigenschaft."
Die von Julian Assange gegründete Enthüllungsplattform Wikileaks hatte am Freitagabend (Ortszeit) begonnen, tausende E-Mails von Podestas persönlichem Googlemail-Konto zu veröffentlichen. Laut Podesta ist der Trump-Vertraute Roger Stone das Bindeglied zwischen Trump und Assange.
Putin dementiert
Russlands Präsident Wladimir Putin sieht den Skandal um die Veröffentlichung von gehackten E-Mails der US-Demokraten durch Wikileaks nicht im Interesse seines Landes. Alle Seiten im US-Präsidentschaftsrennen missbrauchten Russland rhetorisch für ihre Zwecke, sagte Putin am Mittwoch in Moskau. Seine Regierung werde aber, egal wer die Wahl im November gewinne, mit demjenigen zusammenarbeiten.
Zugleich betonte Putin, ihm falle der Dialog mit der derzeitigen US-Regierung von Präsident Barack Obama schwer. "Es ist notwendig, sich wie ein Partner zu verhalten und die Interessen des Anderen zu berücksichtigen", sagte der russische Präsident. "Wir sind dazu bereit", fügte er hinzu.
Noch schlimmere Mitschnitte?
Die Wikileaks-Enthüllungen seien eine "Gegenmaßnahme gewesen um zu versuchen, die öffentliche Aufmerksamkeit von den verabscheuungswürdigen Dingen abzulenken", die Trump in einem kurz zuvor veröffentlichten Video gesagt habe, sagte Podesta.
Während der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump im Zwist mit seiner eigenen Partei liegt, kursierten Gerüchte, dass es bisher unveröffentlichte Mitschnitte oder Transkripte aus der Produktion der TV-Serie "The Apprentice" gebe, die Trump noch weiter in Bedrängnis bringen könnten. Ein Ex-Produzent der Reality-Serie, Bill Pruit, twitterte, es gebe Aufzeichnungen, die noch "viel schlimmer" seien als alles bisher Bekannte.
Der derzeitige Produzent der Show, Mark Burnett, erklärte daraufhin in einem gemeinsamen Statement mit dem Unterhaltungsunternehmen Metro-Goldwyn-Mayer, er habe "weder die Möglichkeit noch das Recht", Mitschnitte und sonstiges Material herauszugeben. Auch die Möglichkeiten von MGM, derartiges Material zu veröffentlichen, seien durch "diverse vertragliche und juristische Anforderungen" eingeschränkt.
Streit mit eigener Partei
Trump warf dem mächtigen Republikaner Paul Ryan und anderen am Dienstag vor, seinen Wahlkampf zu torpedieren. Ryan, der Vorsitzender des Abgeordnetenhauses ist, hatte sich am Vortag von dem Kandidaten losgesagt.
Im Kurznachrichtendienst Twitter setzte Trump gleich mehrere Botschaften ab, in denen er seiner Wut freien Lauf ließ. Ryan nannte er eine "schwache und erfolglose Führungsfigur". Abtrünnige Republikaner seien viel problematischer als seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton, klagte er weiter. "Sie greifen einen von allen Seiten an. Sie wissen einfach nicht, wie man gewinnt. Ich werde es ihnen zeigen." Die Loyalität im demokratischen Lager sei viel größer.
Er machte deutlich, dass ihm nichts daran gelegen ist, die Risse zu kitten. "Es ist so schön, dass mir die Fesseln abgenommen wurden, und ich jetzt so für Amerika kämpfen kann, wie ich es will." Unterdessen kamen aber selbst aus seinem innersten Zirkel missfällige Töne. New Jerseys Gouverneur Chris Christie kritisierte Trump für seine frauenverachtenden Äußerungen aus dem geleakten Video. "Solches Gerede und solche Unterhaltungen sind selbst im Privaten einfach unzumutbar", sagte Christie. Er erklärte aber auch, er werde weiter hinter Trump stehen. Christie gehört neben New Yorks Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani zu den engsten Vertrauten des Kandidaten.
Clinton in Umfragen vorne
Eine zu Wochenbeginn veröffentlichte Umfrage verzeichnet einen dramatischen Absturz des republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Clinton lag demnach bei 46 Prozent, Trump sackte auf 35 Prozent ab. Die Umfrage des Fernsehsenders NBC News und der Zeitung "Wall Street Journal" fand direkt nach Veröffentlichung des Skandalvideos statt.