Orlando ist Spektakel gewöhnt. Dutzende Vergnügungsparks haben sich rund um den Ort in Florida angesiedelt, von Disney World bis zu den Universal Studios. Touristenmassen sind hier keine Seltenheit. Trotzdem war der Menschenauflauf etwas Besonderes, der am Dienstag über die Stadt hereinbrach.

US-Präsident Donald Trump hatte Orlando ausgewählt, um den offiziellen Startschuss für seine Wiederwahlkampagne abzugeben. Auf einer riesigen Rallye wollte er vor begeisterten Anhängern seine Vision für eine zweite Amtszeit darlegen. Der Andrang war enorm. Mehr als 100.000 Bewerbungenfür Tickets habe es für die 20.000 Plätze im Amway Center gegeben, twitterte Trump - eine Zahl, die freilich nicht offiziell bestätigt wurde. Dass es voll werden würde, bezweifelte ohnehin niemand.

Die ersten Trump-Fans hatten sich bereits rund 40 Stunden vor Beginn der Veranstaltung vor der Halle angestellt. Das Wahlkampfteam baute derweil Leinwände auf, um die Rede des Präsidenten auch nach draußen zu übertragen. Schließlich sollten sämtliche Anhänger Trump auch wirklich zu sehen bekommen - in der Halle oder eben davor.

Fast auf den Tag genau vier Jahre nachdem Trump mit seiner Fahrt die Rolltreppe im New Yorker Trump Tower hinunter seine politische Karriere startete, befindet er sich wieder in seinem Lieblingselement: dem Wahlkampf. Der Präsident genießt die Auftritte vor seinen Anhängern sichtlich, zieht daraus Kraft. Kein Wunder, dass sein Stab ihn, wann immer es geht, auf Tour schickt. Die Rallye in Orlando war bereits Trumps 550. Wahlkampfveranstaltung seit 2015.

In den Umfragen schwächelt Trump

Den Schub kann er gut gebrauchen, denn für den Präsidenten läuft es derzeit nicht rund. Nach mehr als zwei Jahren im Amt hat er immer noch mit schwachen Zustimmungswerten zu kämpfen. Und dass, obwohl die Wirtschaft brummt und keine akute internationale Krise am Image des Präsidenten kratzt. Trotzdem ist es Trump seit seiner Amtseinführung nicht gelungen, die Mehrheit der Amerikaner von sich zu überzeugen. Ein erneuter Wahlsieg im kommenden Jahr ist deshalb alles andere als sicher. Droht Trump die Abwahl?

Die Demokraten halten das für möglich. Auch deshalb haben allein in der Oppositionspartei stolze 24 Herausforderer ihre Kandidatur erklärt. Sogar ein Republikaner will Trump aus dem Weißen Haus vertreiben. Seine Chancen werden weithin als mikroskopisch klein eingeschätzt.

Partei steht fest zu Trump

Denn Trumps Partei steht fest zum Präsidenten. Laut Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Gallup hat er 87 Prozent der Republikaner auf seiner Seite - ein bärenstarker Wert, der allerdings mit einer Kehrseite kommt. Denn seine Beliebtheitswerte unter Unabhängigen und Demokraten sind unterirdisch. Unterm Strich steht eine Zustimmung der Gesamtbevölkerung, die seit Monaten rund um die 40 Prozent schwankt. Ein schwacher Wert.

Die Gründe für die schlechten Zahlen sind schnell erklärt. Anders als fast alle seine Vorgänger hat sich der Präsident nach seiner Amtseinführung für einen konsequenten Basis-Kurs entschieden. Durch seine harte Linie in Einwanderungsfragen, die Steuerreform und die Besetzung wichtiger Richterposten mit konservativen Juristen arbeitete er die Wunschliste seiner Parteigänger konsequent ab. Wenn Trump mit dem Slogan „Versprochen, Gehalten“ Wahlkampf macht, dann ist da durchaus etwas dran - auch wenn an der Grenze zu Mexiko keine Mauer steht.

Setzt auf Polarisierung

Gleichzeitig hat Trump nie versucht, auf die Amerikaner zuzugehen, die ihn nicht gewählt haben. Stattdessen setzt er auf politische Polarisierung. Dieser Stil kommt bei seinen Anhängern gut an, darüber hinaus allerdings nicht. Das ist für den Präsidenten ein Risiko, schließlich kann er es sich angesichts seines extrem knappen Wahlsiegs im Jahr 2016 eigentlich nicht erlauben, potenzielle Wähler zu vergraulen.

Dass die Gefahr real ist, zeigte sich bei den Zwischenwahlen im Herbst. Statt die hervorragenden Wirtschaftszahlen ins Schaufenster zu stellen, befeuerte der Präsident Ängste vor Einwanderung und verschreckte so viele traditionell republikanischen Wähler - vor allem Frauen in den Vorstädten. Die Demokraten gewannen das Repräsentantenhaus mit dem größten Vorsprung seit Jahrzehnten. Eine Warnung, die Trump ignorierte.

Donald Trump
Donald Trump © (c) AP (Evan Vucci)

Daher überrascht es nicht, dass der Präsident in Umfragen weit hinter seinen aussichtsreichen Herausforderern liegt. Jüngst wurden gar interne Umfragewerte aus Trumps Wahlkampfteam durchgestochen, die ihn in wichtigen Staaten wie Pennsylvania, Michigan und Florida teils zweistellig hinter den Demokraten sahen. Die Kampagne reagierte, indem sie den zuständigen Demoskopen feuerte.

Man sollte Trump nicht unterschätzen

Trotzdem: Trump schon jetzt politisch totzusagen, wäre verfrüht. Der Wahlkampf dauert noch fast eineinhalb Jahre. Als Staatsoberhaupt verfügt er über inhärente Vorteile. Anders als beim letzten Mal wird seine Wiederwahl seit Monaten höchst diszipliniert organisiert. Trump, offiziell seit seiner Amtseinführung Kandidat, sammelte bereits große Summen an Spendengeldern ein.

Allein im ersten Quartal 2019 gaben seine Anhänger über 30 Millionen Dollar. Trumps Unterstützer sind nach wie vor hoch motiviert und werden aller Voraussicht nach auch im kommenden Jahr wieder für ihn an Türen klopfen und am Wahltag in der Schlange stehen. Gegen diesen Enthusiasmus muss sein Herausforderer erst einmal ankommen. Denn wenn irgendjemand in der jüngeren Vergangenheit bewiesen hat, dass er gegen alle Widerstände eine Wahl gewinnen kann, dann Donald Trump.