Offizieller Wahlkampfstart, eine Rückkehr von Sebastian Kurz oder gar Neuwahlen: Für die wildesten Spekulationen hatte eine kurze Videosequenz gesorgt, die am vergangenen Freitag auf den sozialen Kanälen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auftauchte. Darin zu sehen ist ein Ausschnitt seines "ORF-Sommergespräches", in dem er den Satz "Glaubt an dieses Österreich" von Nachkriegskanzler Leopold Figl zu Papier bringt. Gefolgt vom heutigen Datum, dem 26. September 2023.
Hinter der ominösen Ankündigung verbarg sich die Fortführung einer Erzählung, die die ÖVP, allen voran der Kanzler selbst, seit einigen Wochen vorantreibt. Im Garten der Parteiakademie der ÖVP betraten Nehammer, Generalsekretär Christian Stocker und fünf Personen die Bühne. Nach einem abgespielten Imagefilm mit Ausschnitten aus dem ORF-Sommergespräch, unterlegt mit Bildern des Kanzlers, erklärte dieser, dass Österreich trotz Krisen wie Ukraine-Krieg, Inflation und Teuerung Grund zur Zuversicht hat. Die Menschen seien "viel stärker, als uns das viele zugetraut haben". Es gebe also genug Grund, für mehr Zuversicht.
Stocker betonte, dass Nehammer Verantwortung für das Land übernommen habe, die Opposition habe jedoch nur "das Negative in den Vordergrund gestellt". Man habe "allen Grund, mit Mut und Zuversicht in die Zukunft zu gehen". Auf einer eigens eingerichteten Homepage könne man der Partei nun mitteilen, was im Land besonders gut laufe. "Glauben wir gemeinsam an Österreich."
Auch Nehammer selbst betonte, dass "Angst immer ein schlechter Ratgeber" sei, man müsse für Zuversicht sorgen. Man wolle gleichzeitig nicht behaupten, alles richtig gemacht zu haben, "es sind sicher aus Fehler passiert", jedoch mit "bester Absicht". Nachfragen nach möglicher ÖVP-Nähe der "Zuversichtsbotschafter" und nach einem Wahlkampfauftakt verneinte der Kanzler. Der Vizekanzler sei "natürlich herzlich eingeladen, die Initiative zu unterstützen", die Zuversicht sei jedoch "in unserer DNA als Volkspartei". Man sei in der Regierung weiterhin auf einem guten Weg, man verhandle aktuelle Vorhaben weiter. "Uns wird bei Weitem nicht langweilig."
"Blick auf Chancen"
Eine solche "Zuversichtsbotschafterin" ist Ingenieurin Bettina Pauschenwein, die daran glaube, dass Österreich "trotz aller Krisen nie den Blick auf neue Chancen verloren" haben. Die Wirtschaftshilfen, die in der Pandemie ausgezahlt wurden, seien kein Geschenk gewesen, sondern "wichtig und richtig". Und sie wiederholte den inzwischen berühmten Satz der Regierung: "Wer schnell hilft, hilft doppelt." Es brauche jetzt keine Neiddebatte, sondern mehr Entlastung und weniger Steuern.
Elisabeth Zehetner, Geschäftsführerin von "Oecolution", betonte das viele Potenzial, das in Sachen Klimaschutz, erneuerbare Energie und Co. noch stecke. Österreich sei aber im internationalen Vergleich bereits jetzt gut unterwegs. "Wir können es uns wirklich nicht leisten, wichtige Rohstoffe erneut zu nutzen." Sie glaube an Österreich.
"Pflegekräfte sind keine Superhelden"
Polizeigewerkschafter Gerhard Zauner betonte, dass Österreich dank der Polizei ein sicheres Land sei. "Die Polizeiausbildung gehört zu den besten der Welt", die Beamtinnen und Beamten würden das in ihrer Arbeit "tagtäglich aus Neue" unter Beweis stellen. In nächster Zeit gehen viele in den Ruhestand, es müsse gelingen, "noch mehr junge Menschen für den Beruf zu begeistern". Mit Nehammer habe die Polizei "einen engen Verbündeten".
Gabriela Goll, Pflegedirektorin des Hilfswerks Niederösterreich, bezeichnete die Corona-Krise als sehr herausfordernde Zeit für die Pflege. "Pflegekräfte sind keine Superhelden", aber seien im Team "zu außerordentlichen Leistung bereit". Man müsse anerkennen, dass es in den letzten Jahren "zu wenige Reformen" und Wertschätzung gegeben habe. Die Regierung habe nun "die Trendwende eingeleitet" mit einigen Maßnahmen, um Branche attraktiv zu gestalten. Durch neue Wege in der Ausbildung werde man nun weitere Anreize setzen.
Der Landwirt und Käsemacher Michael Paffenbichler betonte die "wesentliche Arbeit", die die Bäuerinnen und Bauern im Land leisten würden. Auch an ihnen seien die Krisen nicht spurlos vorbeigegangen. Künftig müsse man auf Versorgungssicherheit achten, "denn Landwirtschaft geht uns alle etwas an".