Der Anstoß kam von Justizministerin Alma Zadic selbst. Warum nicht einmal ein Gesetz vorlegen, das ausschließlich auf weibliche Personenbezeichnungen setzt, wo der Notar durch die Notarin, der Gesellschafter durch die Gesellschafterin ersetzt wird, das generische Maskulinum durch das generische Femininum?  Der Anlass ward bald gefunden – ein Entwurf eines Bundesgesetzes über flexible Kapitalgesellschaft.

Zadic: "Sprache beeinflusst unser Denken"

„Das war mir wichtig“, meinte die Grün-Politikerin gegenüber der Kleinen Zeitung, „damit machen wir die Rolle von Gründerinnen in Österreich sichtbarer. Außerdem leisten wir mit dem Gesetz einen Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit, denn Sprache beeinflusst unser Denken, unsere Wahrnehmung und unser Handeln.“ Um keine juristischen Missverständnisse aufkommen zu lassen, findet sich denn auch in Paragraf 27 der klärende Zusatz: „Soweit in diesem Bundesgesetz auf natürliche Personen bezogene Bezeichnungen nur in weiblicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf alle Geschlechter in gleicher Weise.“

CSU kippte von SPD-Ministerin ausgearbeiteten Entwurf

Auf Bundesebene ist dies eine Premiere. Zadic folgt womöglich dem Beispiel der ehemaligen deutschen Justizministerin Christine Lambrecht (SPD), die im Herbst 2020 einen Gesetzesentwurf, der Firmenpleiten regelt, in weiblicher Form vorgelegt hat. Der damalige Koalitionspartner, CSU-Innenminister Horst Seehofer, stoppte das Vorhaben.

ÖVP hatte keine Bedenken gegen die weibliche Form

Wie es in einer Koalition so üblich ist, wurde der Entwurf in eine Koordinierungssitzung eingebracht, am 26. Mai, also vor mehr als zwei Monaten, stellte Zadic gemeinsam mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) den Entwurf in einer Pressekonferenz vor. Dann ging er in Begutachtung.

"Natürlich haben wir davon gewusst"

So gesehen ist es paradox, warum sich die ÖVP, allen voran Generalsekretär Christian Stocker, im Morgenjournal über den Entwurf empört. Hinter vorgehaltener Hand heißt es in ÖVP-Regierungskreisen: „Natürlich haben wir davon gewusst, der Entwurf war in der Koordination.“ Ob das Vorhaben nach deutschem Modell gestoppt wird, ist mehr als fraglich.

Gesetzesentwurf wohl nicht verfassungswidrig

Vor drei Wochen, am 7. Juli, brachte der Verfassungsdienst eine umfangreiche Stellungnahme in die Begutachtung, die sich in einem Absatz auch mit der weiblichen Form befasst.  Darin wird die dringende Empfehlung ausgesprochen, sich der Paarform, etwa Notarinnen und Notare, zu bedienen. Juristische Konsequenzen scheint die Verwendung des generischen Femininums allerdings keine zu haben, es ist wohl nicht verfassungswidrig. Lauter zu Wort gemeldet hatte sich der Verfassungsdienst in der Vergangenheit bei Verwendung des Genderdoppelpunkts, dieser sollte vermieden werden, stattdessen sollten „leichter sprechbare, einfacher verständliche, orthografisch normgerechte Paarformen“ verwendet werden.