Das Ziel bei der Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen war: die österreichische Bevölkerung mit Impfstoff zu versorgen und einen Beitrag zur Bewältigung der Pandemie zu leisten. Die – zeitnah entwickelte – Impfung half laut Studien, Todesfälle und schwere Krankheitsverläufe zu verhindern.

Die Umsetzung der Impfstoffbeschaffung hatte allerdings Schwächen, wie der Rechnungshof in seiner Sonderprüfung "Covid-19-Impfstoffbeschaffung", die auf Verlangen von SPÖ-Nationalratsabgeordneten erfolgte, feststellt.

Turbulenzen bei der Impfstoffbeschaffung

Der Rechnungshof hält fest, dass die Covid-19-Impfstoffbeschaffung aufgrund des dynamischen Pandemieverlaufs von sich laufend
verändernden Rahmenbedingungen begleitet war.

Im Jahr 2020 verständigten sich die 27 EU-Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen. In Österreich stand ab Juni 2021 genügend Impfstoff von verschiedenen Impfstoffherstellern zur Verfügung.

Aber: Zu Beginn der Impfstoffbeschaffung ab Juni 2020 fehlten beispielsweise detaillierte Kalkulationen zu den voraussichtlichen Ausgaben. Bei weiteren Beschaffungen existierten zudem unterschiedliche Bedarfsberechnungen ohne dokumentierte, nachvollziehbare Grundlage. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2020 und 2021.

Mitgliedsstaaten führten Bestellung eigenständig durch

Die Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen auf EU-Ebene erfolgte durch die EU-Kommission und wurde durch den EU-Lenkungsausschuss begleitet, in dem auch Österreich vertreten war. Für die gemeinsame EU-weite Beschaffung schloss die EU-Kommission im Auftrag und im Namen von Mitgliedstaaten Vorkaufverträge mit den Herstellern ab.

Darin waren die wesentlichen Parameter für die Impfstoffkäufe (etwa die Produktbeschreibung, der Preis und die Liefermodalitäten) bereits
festgelegt. Gemäß EU-Strategie sollte der Zugang der EU-Mitgliedstaaten zu den gemeinsam beschafften Impfdosen im Verhältnis der jeweiligen Bevölkerung zur Unionsbevölkerung erfolgen. Auf Österreich entfielen dabei rund zwei Prozent.

Es war möglich, Impfstoffe über und unter dem Bevölkerungsschlüssel zu bestellen. Die konkrete Bestellung führten die einzelnen Mitgliedstaaten – in Österreich das Gesundheitsministerium – eigenständig durch. Dadurch hatten sie einen gewissen Ermessensspielraum, insbesondere bei der Bestellmenge.

Österreich bestellte 2021 weniger Impfstoff als möglich

Bis Frühjahr 2021 beschaffte Österreich weniger Covid-19-Impfstoff als möglich gewesen wäre. Bis zum 30. Juni 2021 bestellte das Gesundheitsministerium verbindlich 24,32 Millionen Covid-19-Impfdosen verschiedener Impfstofftechnologien.

Diese Bestellmenge unterschritt die nach Bevölkerungsschlüssel mögliche Bestellmenge um zwölf Prozent. Eine Berechnung des Rechnungshofes zeigt, dass sich die hypothetische Durchimpfungsrate der Bevölkerung erhöht hätte, wenn Österreich gemäß Bevölkerungsschlüssel bestellt
hätte. Je nach Berechnungsart hätte sich die Rate zum 30. Juni 2021 bei Erstgeimpften von 53,6 Prozent auf 56,9 Prozent beziehungsweise 56,2 Prozent erhöht.

Nachvollziehbare Grundlage fehlte

Ab Oktober 2021 wiederum erfolgten Impfstoffbestellungen über dem
Bevölkerungsschlüssel im Ausmaß von 14,65 Millionen Dosen. Den Beschaffungen lagen unterschiedliche Annahmen zugrunde. Es fehlte häufig eine dokumentierte, nachvollziehbare Grundlage, etwa in Beschlüssen oder Anwendungsempfehlungen des nationalen Impfgremiums.

Beispielsweise ging das Gesundheitsministerium in einer Bedarfsberechnung von einer Durchimpfungsrate von 100 Prozent aller
Personen ab zwölf Jahren aus. Auch im Hinblick auf die geplante Impfpflicht etwa wurde im Dezember 2021 auf politischer Ebene vereinbart, vom Impfstoff Novavax "as much as possible" abzurufen. Dies vor dem Hintergrund, dass die Haltbarkeit der Impfstoffe begrenzt war.

Im Juli 2020 betrug der Rahmen für die Gesamtkosten bis zu 200 Millionen Euro. Der Rechnungshof beurteilt kritisch, dass das Gesundheitsministerium keine Kalkulationen zu den voraussichtlichen Ausgaben erstellte, obwohl es über voraussichtliche Preisbänder informiert war.

2022 haben sich bestellten Impfdosen verdreifacht, die Kosten haben sich im Vergleich zu 2021 vervierfacht

Der Gesamtkostenrahmen erhöhte sich im Juli 2021 auf bis zu 1,252 Milliarden Euro. Bis Ende Februar 2022 bestellte Österreich rund 70 Millionen Covid-19-Impfdosen. Die voraussichtlichen Ausgaben dafür: 1,085 Milliarden Euro. Das entspricht knapp dem Dreifachen der Impfstoffmenge und dem knapp Vierfachen der Kosten zum
30. Juni 2021.

Damals, Ende Juni 2021, wurden rund 24 Millionen Impfdosen um
voraussichtlich 287,42 Millionen Euro bestellt. Plausibel ist, dass sich im Verlauf der Pandemie der Erkenntnisstand über die Wirksamkeit der Impfungen laufend veränderte und etwa das Nationale
Impfgremium seine Anwendungsempfehlungen laufend dem aktuellen
Erkenntnisstand anpasste.

Der Rechnungshof empfiehlt, bei Beschaffungsvorhaben
von Impfstoffen aktenmäßig dokumentierte Bedarfsberechnungen auf Basis nachvollziehbarer Annahmen zugrunde zu legen.