Herr Gauß, „meine Heimatstadt ist eine Todeskrankheit”, hat Thomas Bernhard über Salzburg gesagt. Ist es wirklich so schlimm?
KARL-MARKUS GAUSS: Die in Salzburg angesiedelten autobiografischen Bücher von Thomas Bernhard sind seine besten. Aber gerade sie strotzen vor unentschuldbaren Fehlern. So beschreibt er Prälat Franz Wesenauer, der das Internat leitete, in dem er war, als stumpfsinnig katholischen Provinznazi. Tatsächlich ist Pfarrer Wesenauer in Salzburg heute ein Stolperstein gewidmet, weil er, der angeblich klerikale Faschist, im Widerstand gegen die Nazis war und etlichen Menschen geholfen, einigen wohl sogar das Leben gerettet hat. Man sollte Bernhards schlagende Worte über den Charakter Salzburgs also nicht für bare Münze nehmen. Er war ein Übertreibungskünstler.