Mögliches Ungemach für Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Verfassungsjurist Karl Stöger von der Uni Wien räumt laut einem "Standard"-Onlinebericht einer möglichen Anfechtung der Wahl Mikl-Leitner zur niederösterreichischen Landeshauptfrau gute Chancen ein. Es sei rechtlich unklar, ob die gültigen Stimmen tatsächlich ausgereicht hätten. "Das wäre eine Frage, die der Verfassungsgerichtshof klären müsste", so Stöger. Die Landtagsdirektion verwies auf APA-Anfrage auf Bestimmungen in der Geschäftsordnung des Landtages.
Die FPÖ hatte angekündigt, ungültig zu stimmen, um so in der konstituierenden Sitzung am 23. März die Wahl von Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau zu ermöglichen. Die ÖVP-Politikerin kam auf 24 von 41 gültigen Stimmen. Insgesamt gibt es 56 Abgeordnete. FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer erhielt als LH-Stellvertreter 25 von 44 gültigen Stimmen.
Verfassungsgerichtshof könnte entscheiden
"Die Landesverfassung sieht bei der Wahl der Landesräte vor, dass leere Stimmzettel 'außer Betracht' bleiben. Bei der Wahl zur Landeshauptfrau und ihren Stellvertretern fehlt diese Anordnung", wurde Stöger vom "Standard" zitiert. Wenn die Verfassung die ungültigen Stimmzettel bei den Landesräten ausschließt, könnte man das auch auf die Wahl der höhergestellten Regierungsmitglieder ausweiten, weil dort nichts Näheres bestimmt ist, hieß es. Die zweite Lesart sei: Weil die Verfassung diese Regelung nur bei den Landesräten explizit vorsieht, gilt sie bei der Landeshauptfrau gerade deswegen nicht.
Artikel 35 der NÖ Landesverfassung 1979 regelt die grundsätzlichen Wahlmodi (Mehrheitswahl, Verhältniswahl) für die Wahlen von Landeshauptfrau, LH-Stv. und Landesräten, hieß es von der Landtagsdirektion auf Anfrage. Für die Details sei die Geschäftsordnung des Landtages (LGO) heranzuziehen. Diese bestimme für alle Wahlen im Landtag, dass sie durch einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen entschieden werden und dass leere Stimmzettel ungültig sind (§ 67 Abs. 2 und 5 LGO 2001).
Stöger sieht das laut der Tageszeitung aber nicht als entscheidend an, da der entsprechende Passus in der Geschäftsordnung nur dann greife, wenn nichts anderes bestimmt ist. Das wäre aber bei einer etwaigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) der Fall, hieß es in dem Bericht.
SPÖ prüft weitere Schritte
"Wir haben immer gesagt: Wenn eine Koalition mit einem Wortbruch beginnt, dann wird sie nicht gut enden. Der Pakt aus ÖVP und FPÖ steht in jeder Hinsicht auf wackeligen Beinen", teilte SPÖ-NÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander auf Anfrage mit. Weitere mögliche Schritte würden geprüft.
"Solche Diskussionen entstehen aufgrund des undurchsichtigen Proporzsystems in Niederösterreich", teilten die Grünen NÖ auf Anfrage mit. Sie forderten erneut die Abschaffung des Proporzes, "um für transparente und klare Verhältnisse zu sorgen". "Der VfGH kann auch von selbst tätig werden", sagte ein Sprecher der niederösterreichischen Neos auf Anfrage. Die Pinken würden jedenfalls Klarheit im Fall einer unklaren Regelung begrüßen.