Ulrike Sima kann durchatmen. Die Wiener Verkehrsstadträtin muss doch der Mediengruppe "Österreich" doch keine 236.051 Euro überweisen. Zu der Zahlung verurteilte sie das Wiener Landesgericht am Montagnachmittag hob der Verfassungsgerichtshof aber das zugrunde liegende Gesetz auf.

Die Causa hat eine lange Vorgeschichte. Im Oktober 2019 berichtete "Österreich" über die hohen Personalkosten, die durch die Kontrollen des damals eingeführten Rauchverbots in der Gastronomie entstehen würden. 24.000 Euro würde das in der ersten Nacht des Rauchverbots kosten, titelte die Zeitung.

Teure Gegendarstellung

Sima widersprach und wollte gerichtlich eine Gegendarstellung erwirken: Es hätten in dieser Nacht, also in jener von 31. Oktober auf 1. November, gar keine Kontrollen stattgefunden. Das Wiener Landesgericht gab der Stadträtin im Jänner 2020 recht, "Österreich" musste eine Gegendarstellung veröffentlichen.

Daraufhin ging die Zeitung in Berufung und hatte vor dem Oberlandesgericht Wien im September 2020 Erfolg. "Österreich" durfte den neuen Richterspruch veröffentlichen, Sima musste dafür ebenso aufkommen wie für die nun unrechtmäßigen Gegendarstellungen. Der dafür angewandte Tarif ist der eines gleich platzierten Inserats, so steht es im Paragraf 17 des Mediengesetzes.

Im Oktober 2022 legte das Wiener Landesgericht die, von Sima zu bezahlende, Summe auf 236.051 Euro fest. Immerhin wären der Richterspruch und die Gegendarstellung sowohl online als auch in der Zeitung sehr prominent erschienen, das Einschaltungsentgelt wäre entsprechend hoch gewesen.

Gesetz widerspricht freier Meinungsäußerung

Daraufhin gingen Sima und ihre Anwältin, die Medienrechtlerin Maria Windhager, im November 2022 vor den VfGH und forderten die Aufhebung der mediengesetzlichen Bestimmung. Ihre Meinung: Wenn eine derartige finanzielle Belastung für eine Gegendarstellung droht, ist das – gesetzlich verbriefte und in der Menschenrechtskonvention festgeschriebene – Recht darauf empfindlich gestört. Es gehe davon die "Gefahr einer finanziellen ruinösen Risikohaftung" aus, wie es in Windhagers Antrag heißt.

Der VfGH folgt dieser Meinung und hob die Passage des Gesetzes auf. Sie würde einem Recht auf freie Meinungsäußerung widersprechen, heißt es in der Begründung. Der Gesetzgeber muss sich nun eine neue Regelung für unrechtmäßig erwirkte Gegendarstellungen überlegen. "Es ist auch an der Zeit", sagt Windhager.