Die Aufregung in gewissen Kreisen der Wiener SPÖ war groß, als zu Wochenbeginn Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ein Foto von einem gemeinsamen Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vertwitterte. Ludwig hielt sich in seiner Rolle als Präsident des Städtebunds zu einer Tagung in der Türkei auf, mehr als eine Stunde dauerte das Vieraugengespräch.
Die Wiener SPÖ genießt durchaus Unterstützung in Erdoğan-freundlichen Kreisen, allerdings überwiegen in großen Teilen der SPÖ die Sympathien mit den Kurden, die Opfer der repressiven Politik des türkischen Präsidenten sind. In kurdenfreundlichen Zirkeln kam der Besuch gar nicht gut an.
Im Rathaus versichert man, dass der Besuch nicht nur der aktuellen Situation in der Ukraine geschuldet ist, sondern auch eingebettet war in eine größere Initiative. Bekanntlich herrscht nach Jahren der Eiszeit seit ein paar Monaten zwischen Wien und Ankara Tauwetter – mit beachtlichen Auswirkungen: Zum einen dürfen österreichische Archäologen wieder in Ephesus graben, zum anderen haben die Türken ihr Veto gegen eine Kooperation in der Nato-Partnerschaft aufgehoben.
Auch Sobotka und Nehammer haben sich angemeldet
In zehn Tagen fliegt Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka nach Ankara, eine Zusammenkunft mit Erdoğan ist im Gespräch, zu Monatsende trifft Bundeskanzler Karl Nehammer den türkischen Präsidenten zu einem Vieraugengespräch am Rande des Nato-Gipfels in Madrid. Ludwig hob nach dem Treffen die Bedeutung Erdoğan als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine hervor, auch in der Energiefrage kommt der Türkei eine zunehmend wichtige Rolle zu. Nehammer hat im Umfeld seines Moskau-Besuchs mehrfach mit Erdoğan telefoniert.
Habeck bald in Wien
Die österreichischen und die deutschen Grünen unterhalten traditionell enge Beziehungen. Parteichef Werner Kogler hat ein besonders gutes Einvernehmen mit dem deutschen Vizekanzler Robert Habeck, Habeck unterstützte Kogler auch im letzten Wahlkampf in Wien. Höchste Zeit, dass die engen Banden auch in einen offiziellen Besuch münden. Nach Informationen der Kleinen Zeitung könnte Habeck noch im Laufe des nächsten Monats Österreich einen offiziellen Besuch abstatten, dabei würde er allerdings nicht nur Grün-Politiker, sondern auch die Spitzen der Regierung treffen. In der Ukrainefrage, insbesondere bei der Frage der Abhängigkeit vom russischem Öl, sitzen die Regierung in Berlin und Wien im selben Boot.