Vor dem Hintergrund des russischen Lieferstopps für Polen und Bulgarien diskutierte der Nationalrat am Mittwoch teils ziemlich emotionsgeladen über Österreichs Gas-Ausstiegsplan. NEOS hatten dies als Thema der Aktuellen Europastunde gewählt, sie hielten der Regierung - wie die SPÖ auch - verantwortungslose Untätigkeit vor. Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) trat dem mit dem Appell zu einem großen gemeinsamen Kraftakt für den Ausstieg aus russischem Gas bis 2027 entgegen.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gebe es nur Ausflüchte und schwammige Absichtserklärungen seitens der Regierung, die Energieministerin habe bisher keinen Ausstiegsplan vorgelegt, eröffnete NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger die Debatte. Österreich stehe vor der größten Herausforderung seit Jahrzehnten, aber von der Regierung höre man nur "da schaun wir, da werden wir schon, da machen wir einen Arbeitskreis". "Diese Untätigkeit der Regierung ist ein Skandal", befand Meinl-Reisinger. "Schluss mit dieser Grünen Wohlfühlshow", forderte sie, Gewessler müsse endlich - nach dem Vorbild Deutschlands, Italiens, der baltischen Staaten - einen Ausstiegsplan liefern.

Die Ministerin wies zunächst einmal darauf hin, dass sich Österreich mit verfehlter Politik von SPÖ, ÖVP und FPÖ über die letzten 20 Jahre von russischem Gas abhängig gemacht habe. "Heute müssen wir schmerzhaft erkennen, dass wir uns aus diesen Fesseln nicht von heute auf morgen befreien können". Sofortiger Verzicht sei nicht möglich, "da sind wir auf dem bitteren Boden der Realität angelangt". Aber bis 2027 sei der Ausstieg möglich, zeige die Studie der Energieagentur - "wenn wir sofort beginnen und alle ihre Verantwortung ernst nehmen", appellierte sie an alle Abgeordneten und alle in Österreich lebenden Menschen, dies "gemeinsam zu stemmen".

Die Regierung ziehe hier "in eine Richtung", versicherte seitens der ÖVP Georg Strasser - und forderte die Ministerin auf, "gemeinsam grünes Gas" zu geben. Es sei das dringende Gebot der Stunde, den Energiemix weiter auszubauen, indem die eigenen Quellen - Sonne, Wasser, Wind, Biomasse, Biogas und grüner Wasserstoff - stärker genützt werden.

"Macht euren Job oder tretet zurück"

Höchst unzufrieden mit der Regierung zeigte sich SPÖ-Abgeordneter Alois Schroll. Türkis-Grün sei "der personifizierte Stillstand schlechthin" - auch in Energie- und Klimafragen. Seit 481 Tagen gebe es kein Energie-Effizienzgesetz, kein Erneuerbare-Wärmegesetz, keine Wasserstoffstrategie, kein Grünes-Gas-Gesetz - und aus dem beschlossenen Erneuerbaren-Ausbaugesetz sei seit 264 Tagen kein Euro geflossen. "Macht endlich euren Job oder tretet zurück", forderte Schroll deshalb.

Für einige Empörung sorgte der FPÖ-EU-Parlamentarier Harald Vilimsky. Denn er trat an, um "kriegstreiberische" Haltung zu verurteilen. "Raus aus dem Gas zu rufen ist nett", meinte er, aber "warum hat man aufgehört, raus aus dem Krieg zu rufen". Alle würden "nach schweren und noch schwereren Waffen" rufen, kritisierte er die Ukraine, die EU und die USA. Auch er habe, gestand Vilimsky ein, "nicht die richtige Lösung parat um den Frieden herbeizuführen" - aber zumindest sei zu verlangen, dass sich Österreich als Friedensvermittler anbietet.

"Das ist schon ziemlich unglaublich", kritisierte die Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer Vilmskys "absolut verharmlosende Rede". Ebenso entschieden trat sie der NEOS- und SPÖ-Kritik in Sachen Gassicherheit entgegen: Sie nehme an, mit der heutigen Debatte sei die Frage geklärt, "selbstverständlich hat Ministerin Gewessler einen Plan". Dieser Plan und die nötigen Gesetze, um die Abhängigkeit vom russischen Gas bis 2027 zu beenden, würden jetzt vorgelegt.

Zufrieden war die Opposition damit freilich nicht, eine Reihe weiterer Redner hielt der Regierung Untätigkeit vor.