Der Prozess gegen den Tiroler Ex-EU-ÖVP-Abgeordneten Richard Seeber hat am Montag am Innsbrucker Landesgericht begonnen. Ihm wird schwerer Betrug vorgeworfen. Der 59-Jährige soll zwischen 2006 und 2010 Scheinrechnungen eines externen Beraters vorgelegt haben, der ihn bei seiner Arbeit unterstützt haben soll. Leistungen sollen allerdings keine erbracht worden sein. Seeber bestreitet die Vorwürfe. Auch der Berater - ein 65-jähriger Rumäne - steht heute vor dem Schöffengericht.

"Was wir da haben ist de facto die Metastase einer politischen Intrige", war Seebers Anwalt Markus Orgler zu Beginn der Verhandlung überzeugt. Die Vorwürfe wurden erstmals 2013 erhoben - also drei Jahre nachdem die Beratungstätigkeit beendet wurde, aber kurz vor der Listenerstellung für die EU-Wahl 2014. "Wenn jemand diesen Vorwurf hat, ist er politisch tot", sagte der Verteidiger. Seeber habe sich manchmal "nicht so verhalten wie es gewisse Lobbys haben wollten", stellte er in den Raum.

Orgler führte ins Treffen, dass Seeber aufgrund des Freien Mandats niemandem Rechenschaft schuldig sei: "Wenn er jemand in die Glaskugel schauen lässt, ist das aus unserer Sicht nicht intelligent, aber es steht ihm zu". Seeber habe damals - nachdem die EU-Osterweiterung über die Bühne gegangen war - im Regional- und Umweltausschuss gearbeitet. Er habe daher auch viel mit Rumänien zu tun gehabt und seinen Bekannten - mit dem er schon seit Jahren geschäftlich verbunden war - zu Rate gezogen und in weiterer Folge dann auch dafür bezahlt.

Er habe Allianzen in den Neo-EU-Staat aufbauen wollen, argumentierte der Anwalt. Er bestritt außerdem die Unrechtmäßigkeit der Geldflüsse dahingehend vehement, dass Seeber davon selbst keinen Nutzen gehabt habe. "Es gab also kein Motiv", sagte er und: "Niemand bereichert jemand anderen altruistisch in dieser Größenordnung!". Die Schadenshöhe soll bei rund 400.000 Euro liegen.

Für den Staatsanwalt dagegen war klar, dass keine Leistung erbracht wurde. Seeber und der 65-Jährige seien seit Mitte der 1980er-Jahre miteinander verbunden, auch in geschäftlicher Hinsicht. Seeber arbeitete im Tourismusbereich und kam im Rahmen der Donauschifffahrt auch nach Rumänien. Der Tiroler habe seinem Bekannten auch geholfen, ein Geschäft in Rumänien aufzubauen, später gründeten sie in Österreich gemeinsam eine Gesellschaft. Ab 2004 wurde die Zusammenarbeit wieder aufgenommen, nach 2010 wurde die Beratertätigkeit auf die Tochter des Zweitangeklagten übertragen. Was den Staatsanwalt verwunderte war, dass sie gar kein Deutsch gesprochen habe.

Außerdem führte er den Arbeitsaufwand ins Treffen, den der 65-Jährige geleistet habe. Teils seien 116 Stunden in der Woche gearbeitet worden - und das neben anderen geschäftlichen Aufgaben. Zudem sei das Arbeitsportfolio für die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) auffällig: Der Rumäne müsse demnach ein "Universalgenie" sein.

Ob der 65-Jährige in Österreich überhaupt verfolgt werden kann, stellte sein Verteidiger indes infrage. Weder der mutmaßliche Tat- noch der Erfolgsort sei Österreich gewesen. Auch für den Richter müsse diese Frage - am Ende des Verfahrens - noch geklärt werden. Dass beim Mitangeklagten keine Unterlagen für die erbrachte Arbeit gefunden wurden, erklärte der Verteidiger damit, dass sie weder für Seeber noch für den Berater Relevanz hatten. Zudem argumentierte er, dass er für die Arbeit sehr wohl Zeit gehabt hätte, da er durch die Tätigkeit in seinem Familienunternehmen flexibel gewesen sei.

Dem Rumänen wird schwerer gewerbsmäßiger Betrug zur Last gelegt. Ihm und Seeber drohen im Falle einer Verurteilung ein bis zehn Jahre Haft. Die EU-Gelder sollen direkt auf das Konto des Beraters und dessen Tochter überwiesen worden sein. Der zweite Verhandlungstermin wurde für den 20. Oktober angesetzt. Aufgrund eines Corona-Falles im Umfeld Seebers in Brüssel war der Prozessauftakt - der bereits vergangenen Montag über die Bühne hätte gehen sollen - um eine Woche verschoben worden.