Die Regierung präsentierte am Mittwoch ein neues Maßnahmenpaket zur Eindämmung der zuletzt stark steigenden Coronazahlen. In der Früh trafen die Landeshauptleute sowie Experten im Kanzleramt ein, um letzte Abstimmungen vorzunehmen.
Stufenplan "nur für Ungeimpfte"
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), den keine Plexiglaswände mehr von seinen Mitstreitern trennten, begann mit seinen Ausführungen. "Die Antwort auf steigende Zahlen muss die Impfung und nicht der Lockdown sein," erklärte er. Man erlebe derzeit "eine Pandemie der Ungeimpften". "Wir können, wollen und werden uns nicht für immer einschränken, sondern müssen auf die Impfung setzen." Der dritte Stich sei zudem "absolut notwendig", weil der Schutz sonst abfalle.
Für Ungeimpfte werde es nun einen Stufenplan geben, der sich an den Auslastungszahlen auf den Intensivstationen richtet. "Für Geimpfte ist bereits alles getan", für sie werde es keine Einschränkungen geben.
Der Plan der Regierung sieht Folgendes vor:
- Stufe 1: Ab 15. September - wenn 10 Prozent der Intensivbetten belegt sein dürften - soll dort, wo aktuell MNS-Pflicht gilt, wieder für alle FFP2-Maskenpflicht gelten. In allen anderen Geschäften gilt das für Geimpfte nur als Empfehlung, für Nicht-Geimpfte verpflichtend. Die Polizei soll das stichprobenartig kontrollieren, Kurz appellierte hier jedoch an die Eigenverantwortung.
- Die Gültigkeit von Antigen-Tests wird auf 24 Stunden beschränkt. Für die Testungen in den Schulen gelte das nicht.
- Stufe 2: Sind 15 Prozent der Intensiv-Betten belegt, haben nur noch Geimpfte und Genesene (2G) Zutritt zu Nachtgastro und Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze.
- Stufe 3: Sind 20 Prozent belegt, gilt überall dort, wo 3G gilt, nur mehr Geimpft, Genesen oder PCR-Test.
All die Maßnahmen seien laut Kanzler Kurz "niemals Schikane". "Sie sind notwendig, damit wir einen Lockdown für alle verhindern." Dies sei "eine schwierige aber notwendige Entscheidung, die man als Regierung eben zu treffen hat." Die Bundesländer könnten zudem selbst strengere Regeln erlassen. Zuletzt war das in Wien der Fall. "Wir stehen hier niemandem im Weg", so Kurz.
Eine Entscheidung zur Frage, ob die kostenlosen Tests abgeschafft werden sollen, habe es nicht gegeben. Und es sei "wissenschaftlich vollkommen klar, dass Genesene Geimpften gleichzustellen sind", ergänzte der Kanzler. Er rechne damit, dass es auch eine vierte und fünfte Welle geben werde. "Das Virus wird nicht verschwinden."
Mückstein: "Wir passen aufeinander auf"
Etwas versöhnlicher klang das bei Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). "Wir passen in Österreich aufeinander auf", erklärte er, weshalb man im Herbst die Ungeimpften mit Maßnahmen schützen müsse. Aber er appellierte erneut: "Lassen Sie sich impfen." Er selbst rechne damit, dass der zweite Schwellenwert des Stufenplans bereits Anfang Oktober erreicht werden wird. Nun sei es wichtig, Impf-Skeptiker auch im persönlichen Gespräch zu überzeugen.
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) betonte, dass Betriebe nun weiter genaue Kontrollen durchführen sollen, um einer "positiven Wintersaison" entgegenblicken zu können. Darauf hoffe auch Tirols Landeshauptmann und der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz Günther Platter (ÖVP). "Es darf keinen Lockdown mehr geben." Den Stufenplan tragen die Bundesländer laut Platter mit.
Der Vizerektor der Uni Wien, Oswald Wagner, erklärte, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung früher oder später anstecken werde. Eine Impfung sei deshalb besonders wichtig, ebenso der "dritte Stich".
Ludwig mahnt erneut: Pandemie ist nicht vorbei
Einmal mehr mahnend meldete sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kurze Zeit nach Ende der Pressekonferenz zu Wort. Die Situation sei eine ernste. "Die Pandemie ist nicht vorbei, auch nicht für Geimpfte", erklärte er. Denn die Notfallversorgung sei dank Corona-Patienten beeinträchtigt. Er freue sich aber, dass die Regierung "auf den Wiener Weg eingeschwenkt ist". Hier gilt bekanntlich die Maskenpflicht weiterhin im gesamten Handel. Mit dem Stufenplan zeigte er sich grundsätzlich zufrieden. Aus Ludwigs Büro hieß es später auf Nachfrage, dass die generelle Maskenpflicht in Wien im Handel weiterhin bestehen bleibe.
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der sich im Vorfeld ebenfalls kritisch geäußert hatte, zeigte sich via Aussendung erfreut, dass "wesentliche Kärntner Forderungen" im Zuge der Pandemiebekämpfung durchgesetzt werden konnten. „Die neue Welle ist eine der Ungeimpften, sie sind am meisten betroffen, sie müssen wir schützen, in erster Linie, indem wir gemeinsam alles unternehmen, um die Durchimpfungsrate innerhalb der impfbaren Bevölkerung zu erhöhen."