Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sieht die „Jahrhundertpandemie“ Corona überstanden. Das erklärte er im letzten „ORF-Sommergespräch“. Weitere „Wellen“, die nun zu erwarten seien, „werden vor allem für Ungeimpfte ein Problem“. Denn: „Wer sich nicht impfen lässt, wird sich früher oder später anstecken.“
Die Verweigerung jener, die sich nicht impfen lassen, kommentierte er so: „Wir werden es nicht schaffen, allen diese Ängste zu nehmen.“ Aber massive Einschränkungen seien künftig „sicherlich nicht für jene denkbar, die geimpft und damit geschützt sind“. Kurz könne sich beispielsweise vorstellen, Nachtgastronomie und Großveranstaltungen nur für Geimpfte offen zu halten. „Einen totalen Lockdown wird es so nicht mehr geben.“
Auslastung auf Intensivstationen entscheidend
Ein weiterer Aspekt des Fünf-Punkte-Plans für die Pandemie, den sein Büro bereits zwei Stunden vor dem Gespräch mit Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher per Aussendung angekündigt hatte, sieht eine Verknüpfung der Auslastung auf den Intensivstationen mit möglichen Einschränkungen vor. Genaue Grenzwerte wollte Kurz im Interview aber ebenso wenig nennen wie konkrete Maßnahmen, die im Ernstfall in Kraft treten sollen. Darüber wolle man sich am Mittwoch mit den Ländern beraten.
Angesprochen auf Afghanistan bekräftigte er, dass man angesichts der großen afghanischen Community keine Menschen aufnehmen werde. Jene Länder, die Österreich nun kritisieren, „sollen erst einmal so viele aufnehmen“. Im Falle einer Anklage gegen ihn – „die kann ich mir schon vorstellen – will Kurz „natürlich“ im Amt bleiben, „ich habe mir nichts vorzuwerfen“.
"Bin extrem viel ausgegangen"
Rebellisch war er nie, gab der Kanzler im persönlichen Gesprächsteil zu. Verpasst habe er aber nichts. „Ich bin extrem viel ausgegangen und habe ein großartiges Jugendleben gehabt.“ Als werdender Vater freue er sich nun auf „die ersten Weihnachten mit Baby“.
Der angekündigte 5-Punkte-Plan des Kanzlers im Überblick
- An Stelle der 7-Tages-Inzidenz soll die Bettenbelegung auf den Intensivstationen der neue Leitindikator werden: Der Inzidenzwert habe durch die Impfung und die breit angelegten Testungen nicht mehr jene Aussagekraft wie noch vor einem Jahr. Daher soll künftig die Bettenbelegung an den Intensivstationen als Leitindikator für mögliche Maßnahmen dienen. Mit Erreichen einer gewissen Belegungszahl sollen auch bestimmte Maßnahmen verknüpft sein.
- Kein genereller Lockdown – wenn Schutzmaßnahmen nötig sind, dann nicht mehr flächendeckend, sondern nur für Ungeimpfte.
- Impfung: Neben dem Ziel die Impfbereitschaft weiter zu erhöhen, konsequente Durchführung der Auffrischungsimpfungen (3. Stich).
- Erhöhung Kontrolldruck: es sind immer mehr Fälschungen von Impfzertifikaten im Umlauf. Auch die 3G Kontrollen sind teilweise mangelhaft. Hier soll es mehr und verstärkte Kontrollen geben.
- Schulen sollen offen bleiben – falls notwendig, setze man nach dem Schulstart auf das erfolgreiche Konzept aus der 3. Welle mit den intensiven Testungen statt home-schooling, heißt es in der Aussendung.
Am Mittwoch stimmt sich die Regierung mit den Landeshauptleuten ab und wird danach weitere Details präsentieren.
Kogler: ÖVP und Grüne stimmen "völlig überein"
ÖVP und Grüne ziehen beim Thema Coronamaßnahmen an einem Strang. "Wir stimmen völlig überein", bekräftigte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) die Ankündigungen von Kanzler Kurz im ORF-Sommergespräch Montagabend. "Selbstverständlich werden wir in den Maßnahmen differenzieren, ob jemand geimpft ist oder nicht." Er halte das für "sinnvoll und richtig", weil man nicht über Jahre Einschränkungen machen könne und wolle, so Kogler in einer Pressekonferenz am Dienstag.
Es gebe die Möglichkeit, weiteren Lockdowns entgegenzuwirken und "das ist die Impfung". Das sei "unter aufgeklärten Menschen klar". Kogler stellte auch in Abrede, dass es zwischen Kurz und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) keine Abstimmungen geben würde. Das Gegenteil sei der Fall. "Es gibt einen intensiven Austausch, die Maßnahmen sind im wesentlichen fertig und werden fein geschliffen und morgen mit den Landeshauptleuten besprochen", so Kogler.
Es gebe ein gemeinsames Vorgehen, "das wird sich auch morgen bestätigen". Es stehe dem Kanzler aber zu, in einem großen Interview einige Punkte zu nennen. "Ich hätte mich auch nicht verschwiegen."