Es war schon fast eine Geheimoperation: Dass Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) diese Woche den Start des „Klimaticket Now“ am 26. Oktober verkünden würde, wussten abseits des Ministerbüros in der Wiener Radetzkystraße nur wenige. Beziehungsweise: Es hätten nur wenige wissen sollen, wäre die Präsentation nicht noch kurzfristig umgeplant worden.

Denn klar war, dass die Ankündigung polittaktisch heikel werden würde: Während mit sechs Bundesländern schon ein Einvernehmen über die Finanzierung des Tickets erzielt worden war, sind diese Fragen mit der Ostregion Niederösterreich-Wien-Burgenland, wo mehr als die Hälfte von Österreichs Pendlerinnen und Pendlern leben, trotz 40 Verhandlungsrunden mit dem Ministerium noch offen.

Dementsprechend nicht in die Vorbereitung der Präsentation des Tickets eingebunden waren die mächtigen Landeshauptleute Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil (beide SPÖ). Heikel – wie gesagt. Dazu kam, dass Gewessler zuletzt mit der Evaluierung von Straßenprojekten aneckte, die Landespolitikern – durchaus auch solchen beim türkisen Koalitionspartner – wichtig waren.

Die Oberösterreicher kommen ins Spiel

Weswegen man sich im Klimaministerium entschied, das Ticket nicht allein zu präsentieren – sondern gemeinsam mit Thomas Stelzer, dem (ÖVP-) Landeshauptmann Oberösterreichs, in Linz. Was aus grüner Sicht zwei entscheidende Vorteile hatte: Zum einen stand die Operation Klimaticket plötzlich nicht mehr als Gewessler-Alleingang da, sondern quasi als Koalitionsteamprojekt.

Zum anderen gab der Auftritt Stefan Kaineder, Landesrat in Oberösterreich und Spitzenkandidat für die anstehende Landtagswahl, Gelegenheit, sich neben Stelzer in Szene zu setzen. Daran, so das grüne Kalkül, soll sich dieser erinnern, wenn es nach der Wahl am 26. September darum geht, ob er weiter mit der FPÖ Manfred Haimbuchners regieren will – oder mit Kaineders Grünen.
Der Preis für den Auftritt: Stelzer präsentierte zeitgleich ein landesweites Öffiticket für Oberösterreich – aber nicht um 365 Euro, wie es das Regierungsversprechen vom 1-2-3-Ticket vorgesehen hätte, sondern um 695 Euro.

Damit ist praktisch wohl ausgeschlossen, dass der Preis für ein landesweites Ticket neben Wien und Vorarlberg noch irgendwo mit 365 Euro angesetzt wird bzw. dass es ein Ticket für zwei Länder um 730 Euro geben könnte. Und zwar mit Gewesslers impliziten Segen – immerhin stand sie bei der Präsentation des OÖ-Tickets um 695 Euro dabei, weswegen der Begriff 1-2-3-Ticket seit Mittwoch der Vergangenheit angehört.

Ein skurriler Rechtsstreit

Aber Politdiplomatie hin oder her, spannend wird nun, wie die Verhandlungen mit der Ostregion weitergehen – auch an einer etwas skurrilen juristischen Nebenfront.

Der Verkehrsverbund Ostregion, der die drei „fehlenden“ Länder umfasst, verweist in einer Aussendung darauf, dass er 53 Prozent des heimischen Öffiangebots stelle. Was er nicht dazusagt: Ein großer Teil davon – Experten schätzen zwischen der Hälfte und zwei Drittel – entfällt auf Strecken, die mit ÖBB-Zügen befahren werden.
Und die verweisen darauf, dass sie das neue Klimaticket sehr wohl akzeptieren werden – ja sogar müssen, weil sie gesetzlich dazu verpflichtet seien. Was der VOR wiederum bestreitet – und auf sein vertragliches und in anderen Gesetzen verankertes Vorrecht verweist.

Die Chancen auf eine Klärung stehen aber gut – immerhin betonen alle Beteiligten, konstruktiv weiter verhandeln zu wollen.