Die Diskussion ist voll im Gange - und wird mit jeder einzelnen Impfung drängender: Was passiert, wenn es angesichts eines steigenden Anteils an Immunisierten in Österreich plötzlich ein Geschäftsmodell wird, mit „Zutritt nur für Geimpfte“ zu werben? Für viele Betriebe könnte das attraktiv sein – Hotels, Restaurants, Bars, Clubs oder Fitnessstudios könnten sich überlegen, am Eingang eine Impfbestätigung zu fordern.

Oder wenn, wie international und auch in Österreich bereits offen überlegt wird, sogar gesamtgesellschaftlich die Idee auftaucht, bereits Geimpften wieder vollen Zugang zum normalen Leben zu gewähren, Theater, Lokale und Urlaub inklusive?

Privatautonomie

Rechtlich steht dem in Österreich derzeit nicht viel entgegen. „Grundsätzlich herrscht bei uns Privatautonomie“, sagte Juristin Theresa Kamp von der Wiener Anwaltskanzlei Law and Beyond der Kleinen Zeitung vergangenen Herbst, „das heißt, dass sich jeder aussuchen kann, mit wem er Geschäfte macht“ – wenn ein Händler oder Hotelier also von seinen Kunden einforderte, sie müssten einen Impfnachweis vorlegen, um bei ihm einzukaufen bzw. bei ihm zu übernachten, sei das zunächst einmal sein gutes Recht. Eine wichtige Ausnahme, das Gleichbehandlungsgesetz, greift zum Beispiel, wenn jemandem seines Geschlechts oder seiner ethnischen Zugehörigkeit wegen Geschäfte verweigert werden, sagt Kamp – Impfgegner würden dadurch nicht geschützt.

Eine weitere Ausnahme könnte in manchen Fällen aber wohl zum Tragen kommen: Im Fall eines Monopols gibt es unter bestimmten Umständen einen „Kontrahierungszwang“ auch für private Unternehmen, mit Kunden Geschäfte zu machen. So darf das einzige Lebensmittelgeschäft in einem abgelegenen Ort oder die einzige Airline zu einer bestimmten Destination sich nur aus triftigen Gründen weigern, jemanden als Kunden anzunehmen.

Will sich jemand partout nicht impfen lassen und wird dann von einem solchen Geschäft abgelehnt, das auf ein Impfzertifikat besteht, könnte er eine zivilrechtliche Klage einbringen – das Gericht muss dann klären, ob erstens tatsächlich ein Monopol vorliegt und ob zweitens die Ablehnung ungeimpfter sachlich gerechtfertigt ist.

Karl Stöger, Professor für Medizinrecht an der Universität Wien, verweist in diesen Fällen auf die Möglichkeit, dass sich Betriebe über gelindere Mittel absichern könnten. Wer etwa im Rahmen eines Covid-Präventionskonzepts die Wahl lasse, entweder eine Impf-Bestätigung vorzulegen oder einen Schnelltest zu absolvieren, sollte auf der sicheren Seite stehen.

Ähnliches empfiehlt Stöger auch staatlichen Institutionen: „Klar ist: Je näher ich vom privaten Bereich an den Staat rücke, desto besser müsste ich begründen, nicht Geimpfte von Leistungen auszuschließen.“ So sei praktisch undenkbar, dass hoheitliche Vorgänge wie das Ausstellen eines Reisepasses – was mit Abgeben von Fingerabdrücken nur im Amt passieren kann – nur Immunisierten vorbehalten werden können.

„Der Staat sind wir alle, für ihn gilt der Gleichheitsgrundsatz“, sagt Stöger: Wenn eine Behörde Ungeimpfte anders behandeln will, braucht sie dafür eine solide sachliche Begründung – und nachdem ein frischer negativer Schnelltest ebenfalls hohe Sicherheit biete, müsste ein Amt wohl zumindest diese Alternative anbieten, statt alle nicht-Geimpften abzulehnen.

Was wohl ebenfalls nicht gehen wird: Schulen und Kindergärten nur für Geimpfte zu öffnen. „Solange es keine allgemeine Impfpflicht gibt (die die Regierung bereits mehrfach ausgeschlossen hat, Anm.), wird es schwer sein, eine solche Regel sachlich zu begründen“, sagt Stöger.

Wo mangelnder Impfschutz jedenfalls Auswirkungen haben kann: an Staatsgrenzen. Grundsätzlich könnte jeder Staat Regeln aufstellen, wer bei ihm einreisen darf, so der Wiener Völkerrechtler Ralph Janík. So schreiben derzeit mehrere afrikanische Länder vor, dass man für die Einreise eine Gelbfieberimpfung benötigt.

Bei Reisen von EU-Bürgern in der Union stehe dem aber der Grundsatz der Reisefreiheit entgegen, sagt Janík: Würde also beispielsweise ein EU-Staat nur noch Österreicher mit Impfnachweis einlassen, könnte das ein Fall für den EuGH werden – ob die Kommission dagegen aktiv würde, ist freilich wieder eine politische Frage.