Wie könnte die bevorstehende Skisaison gedeihlich ablaufen, falls es sie überhaupt gibt? Der Arzt und Gesundheitswissenschaftler Martin Sprenger hat dazu recht genaue Vorstellungen. Er plädiert dafür, zwischen kleinen Familienskigebieten (mit nur Sessel- und Schleppliften) und großen Skischaukeln (mit überwiegend Gondelbetrieb) zu unterscheiden. Für beide Typen seien Sicherheitskonzepte möglich, die freilich exakt definiert werden müssen.

Die wichtigste Regel laut Sprenger: Es müssen möglichst alle Aktivitäten nach draußen verlagert werden, da das Corona-Ansteckungsrisiko an der frischen Luft deutlich geringer ist. Konkret: „Vom Parkplatz über die Liftkasse bis zum Anstellen müssen die Wege definiert sein und überall muss genügend Abstand eingehalten werden.“ Kaum Probleme sieht er in den kleinen Skigebieten: „Die sind für mich problemlos bespielbar. Es muss vielleicht eine gewisse Ordnung beim Anstellen am Lift geben.“

Blockabfertigung in der Talstation

Deutlich schwieriger sei die Lage bei Gondeln - das betrifft nicht nur die Kabinen selbst, sondern auch den Einstiegsbereich, der in den großen Skiarenen häufig durch überdachte oder verbaute Vorhallen und Gänge führt. Sprenger: „Ich empfehle, dass die Gäste draußen im Freien warten und nur in kleinen Gruppen in die Talstationen eingelassen werden.“

Für die Gondeln selbst sei wohl eine halbe Belegung das Maximum: „Mehr als drei Leute würde ich in eine Sechsergondel nicht hineinlassen - abgesehen vielleicht von Familien aus demselben Haushalt.“ Dazu seien flankierende Maßnahmen denkbar. Sprenger berichtet von Überlegungen, aus den Gondeln die Fensterscheiben zu entfernen, um für ständige Lüftung zu sorgen. Ein Tiroler Skigebiet habe in Planung, jedem Gast ein Gratis-Umhängetuch für die Mundpartie („Buff“) zu schenken.

Keine SB-Restaurants

Für die Gastronomie müsse es ebenfalls Entflechtungskonzepte geben. Etwa: „Wir wissen, dass Selbstbedienung ungünstiger ist, weil dabei Gedränge entsteht. Also sollte man auf Bedienung am Tisch umstellen.“ Sprenger kann sich auch vorstellen, zur Mittagszeit in den Skihütten die Regel „Family first“ umzusetzen - also Tische im Innenbereich beispielsweise von 12 bis 14 Uhr nur für Familien mit Kindern. „Für die anderen kann man sich im Außenbereich eine gute Lösung einfallen lassen – da ist Kreativität gefragt“, betont Sprenger.

Humor statt Befehl

Wichtig für all diese Regeln: Sie sollten „nicht im Befehlston und mit Verboten“ aufgestellt werden, sondern eher charmant und vielleicht sogar mit Humor. So könnte man etwa an der Talstation des Lifts folgenden Hinweis anbringen: „Die Gondel fährt 3 Minuten. Aber sie fährt nicht schneller, wenn man sich enger an den Eingang drängt.“

Entscheidend sei, dass sich die Gäste sowohl sicher als auch wohl fühlen. Sprenger hofft auf ein sanfteres Skierlebnis und weniger „Halligalli“: Die Leute sollten weniger Stress verspüren, vielleicht komme sogar das Gefühl auf: „Es ist besser, als es bisher war. Wir sollten es künftig immer so machen.“ Der Arzt hofft auf „Szenen mit kultiviertem Anstellen wie in England“ vor den heimischen Aufstiegshilfen: „Wenn wir das schaffen, dann haben wir gewonnen.“

Impfregister ist notwendig

Große Bedeutung werde, so Sprenger weiter, den im Winter startenden Impfungen beizumessen sein. Der Experte plädiert dringend dafür, dass die Impfung von breiten Anwendungsstudien begleitet wird und dass ein zentrales Impfregister eingeführt werden soll. Als Vorbild nennt er das Modell Skandinavien: „Dort wird jede Impfung dreifach eingetragen, nämlich in den elektronischen Impfpass des Patienten, in das Computersystem des Arztes und in das nationale Impfregister.“ Der Vorteil: Wenn es zum Beispiel Probleme mit einer Charge gebe, habe man sofort den Überblick, wo überall diese eingesetzt worden ist.

Sprenger verweist darauf, dass es ja auch ein Geburten-, Sterbe- und Todesursachen-Register gebe: „Das ist medizinischer Standard.“ Mache man das nicht, sei man stark davon abhängig, dass andere Staaten den Impf-Vorgang exakt registrieren. Eine Möglichkeit zur Mitfinanzierung durch die Industrie könne sich jetzt auftun, da es ja um große Bestellmengen und Umsätze geht. Sprenger: „Im Grunde hätten wir das schon 2006 rund um die damals breit eingeführte HPV-Impfung verwirklichen sollen.“