Der Knalleffekt bleib im Ibiza-U-Ausschuss bisher aus: Die Argumente, mit denen sich die bisher Befragten verteidigten, bringen sie seit Monaten vor. Sie entschlugen sich häufig, oder erinnern sich erst gar nicht. Trotzdem ist der Erkenntnisgewinn der langen Befragungstage in der Wiener Hofburg groß. Die letzte Woche verriet so einiges über das Machtgefüge in der FPÖ.

Deren Parteichef, Norbert Hofer, hat sich bekanntlich nie um den Chefsessel gerissen. Er wollte ja auch damals nicht als Bundespräsident kandidieren. Und gegen den Job als Regierungskoordinator, den er in der türkis-blauen Koalition hatte, protestierte er ebenso, wie er im U-Ausschuss verriet.

Aus dem Bundespräsidentschaftswahlkampf gingen immerhin seine landesweite Bekanntheit und eine Freundschaft mit der Familie Glock hervor. Auf Fragen dazu wollte Hofer U-Ausschuss aber partout nicht antworten. Und weil ihn Glücksspiel nicht interessiere, gab er zu Protokoll, in seiner Regierungszeit auch nichts von einer Novelle des Gesetzes mitbekommen zu haben.

Ein Oberösterreicher als Strippenzieher

Weniger ahnungslos gab sich der Mann, der unmittelbar nach Hofer vor den Abgeordneten Platz nahm: Arnold Schiefer, ÖBB-Finanzvorstand und FPÖ-Mitglied. Der gebürtige Oberösterreicher blickt auf eine erfolgreiche Management-Karriere zurück. Er hätte unter Türkis-Blau Infrastrukturminister werden können, schickte aber Norbert Hofer vor, und ließ sich von ihm zum ÖBB-Aufsichtsratschef ernennen. Dort löste Schiefer Brigitte Ederer ab. Und zwar, weil sie im Bundespräsidentschaftswahlkampf im Personenkommitee von Alexander van der Bellen saß, wie Schiefer im U-Ausschuss aussagte.

Bei der Besetzung von Aufsichtsratspositionen fungierte Schiefer, der die türkis-blaue Regierung auch mitverhandelte, als eine Art Strippenzieher. Immer wieder seien Lebensläufe auf seinem Schreibtisch gelandet, mit der Bitte, eine Bewertung abzugeben. Es sei aber nicht immer leicht gewesen, Personen für ein FPÖ-Ticket zu finden. Weil es „mediale Begleitmusik“ gab, wie er sagte. Und, weil die Auswahl an qualifizierten Bewerbern überschaubar gewesen sei.

ÖBB-Vorstand und Strippenzieher Arnold Schiefer im U-Ausschuss.
ÖBB-Vorstand und Strippenzieher Arnold Schiefer im U-Ausschuss. © (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Der Vertrauensmann von Arnold Schiefer ist in der Partei Manfred Haimbuchner, der oberösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreter. Die beiden kennen einander seit zwanzig Jahren. Auch Haimbuchner wollte, als es ihm angeboten wurde, kein Regierungsamt. Stattdessen achtete er penibel drauf, neuralgische Positionen in Institutionen und Unternehmen mit Vertrauten zu besetzen.

"Sie tragen mehr Lederhose, als die in Wien"

Im Vorjahr trat Schiefer aus der Wiener FPÖ aus, um kurz darauf der oberösterreichischen Landespartei beizutreten. Die seien ihm näher: „Sie tragen mehr Lederhose, als die in Wien“, sagte er.

Was er vor dem Bundeslandwechsel vom ehemaligen Parteichef Heinz-Christian Strache hielt, ließ Schiefer offen. Er erzählte jedoch, dass Strache massenhaft SMS verschickte, manchmal hunderte an einem Tag. „Das hat man nicht alles ernst nehmen müssen“, sagte Schiefer. Er habe nicht alles verstanden, was Strache von sich gab, und warf auch Strache „massives Unverständnis“ vor: „Was Strache im Ibiza-Video sagt, zeugt von Ahnungslosigkeit, wie in großen Staatsunternehmen gearbeitet wird“, sagte Schiefer im U-Ausschuss. Respekt klingt anders.

Der Auftritt von FPÖ-Chef Hofer und dem formal einfachen FPÖ-Mitglied Schiefer machten klar: Während Strache auf Ibiza urlaubte, wanderte das Machtzentrum der FPÖ unbemerkt von Wien nach Linz. Und zwar schon lange vor der Veröffentlichung des Videos.