Gunther Spath - JA: Die sogenannten Reformen in den letzten drei Jahrzehnten hatten nur ein Ziel: Einsparungen auf allen Ebenen. Die Verhöhnung des Bundesheers setzt sich mit peinlichen Beschwichtigungsfloskeln der Frau Minister fort.

Wenn der erfahrene Soldat das Wort „Reform“ hört, weiß er, dass es Einsparungen und Abbau von Infrastruktur, Personal und Material bedeutet. Die misslungenen Bundesheerreformen in den letzten drei Jahrzehnten dienten nur der Schrumpfung. Die erste Frau im Amt des Verteidigungsministers hat nun offenbar den Auftrag der türkis-grünen Regierungsspitze umzusetzen, dem Bundesheer endgültig das Licht auszublasen. Dass an diesen Plänen die zuständigen Abteilungen im Bundesministerium, insbesondere der Generalstab, mitgearbeitet haben, ist eher unwahrscheinlich. Denn diese haben erst kürzlich im Zustandsbericht „Unser Heer 2030“ einen Finanzbedarf von 16 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren errechnet. Die Beschwichtigungsfloskeln der Frau Minister in der ZiB 2 haben wenig überzeugt.

Es wird schlicht das Ende eines für die verfassungsmäßigen Aufgaben der militärischen Landesverteidigung und der Mitwirkung an internationalen Einsätzen geeigneten Heeres geplant. Es bleiben Assistenzen und Hilfeleistungen übrig und aus aktuellem Anlass schreiben wir noch die Pandemie-Bekämpfung dazu. Ein paar Auserwählte dürfen, Stichwort „Cyber-Defense“, Computerspiele veranstalten, viele werden es angesichts der Finanzen nicht sein. Schwere Waffen, die bereits jetzt dramatisch reduziert sind, werden weiter verringert. Dabei das Wort „Fähigkeitserhalt“ in den Mund zu nehmen, ist eine Verhöhnung! Die Motivation des Kaders darf man demnächst unterhalb der Wahrnehmungsschwelle vermuten.

Man würde die Miliz aufwerten, lese ich, ohne wieder verpflichtende Übungen einzuführen. Na ja, zum Fiebermessen am Grenzübergang wird es reichen. Keine Kasernschließungen? Also leere Bauten, bei dem geplanten Personalabbau?

Sicherheits- und Verteidigungspolitik werden in der österreichischen politischen Klasse, mit wenigen Ausnahmen, von Kurzsichtigkeit und Unwillen geprägt. Man negiert die vom letzten Minister vorgelegte Situationsdarstellung und die finanziellen Notwendigkeiten. Zu wenig Mittel für die Auftragserfüllung, also streicht man die Aufgaben. Was bleibt, ist ein besseres technisches Hilfswerk.

Ruiniert ist eine Armee schnell, der Wiederaufbau dauert Jahre. Das könnte im Krisenfall fatal werden und der kann ohne Fristen daherkommen. Es darf an die Südgrenze im Jahr 1991 erinnert werden. Und hätte es 1918/19 keine militärische Landesverteidigung gegeben, würden wir in Kärnten nicht 100 Jahre Volksabstimmung feiern können.

Dieter Kandlhofer - Nein: Sechs Gründe, warum unser Heer gerade jetzt einen Reformschub braucht. Auch als Antwort auf die personellen Veränderungen in der Organisation: Tausende Bedienstete gehen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand.

Unser Heer befindet sich in einem wichtigen Transformationsprozess, um die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts bewältigen zu können. Dazu müssen wir die Leistungen nach Herausforderungen und Bedrohungen neu ausrichten und die dafür erforderlichen Strukturen verbessern respektive erst schaffen.

1. Blackouts und Terrorangriffe werden immer wahrscheinlicher, Pandemien, Cyberangriffe, steigender Migrationsdruck sind bereits Realität.

2. Der klassische militärische Konflikt ist in den Hintergrund getreten. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir – gerade aufgrund des zunehmend volatilen sicherheitspolitischen Umfeldes – die schweren Waffen abschaffen werden. Der besondere Fokus muss im Schutz der Mannschaft liegen. So haben wir einen Beschaffungsprozess für 30 neue Pandur-Panzer in die Wege geleitet.

3. Die Miliz muss stärker werden. Gerade in der Coronakrise haben wir wieder gesehen, wie wichtig die Miliz ist. Gleichzeitig hat sich aber auch gezeigt, wie notwendig Anpassungen sind. So wollen wir den „Bürger in Uniform“ zukünftig mindestens alle zwei Jahre üben lassen und ihn optimal ausstatten.

4. Wir werden unser Heer strukturell Schritt für Schritt modernisieren. In den kommenden Jahren wird die Führung schneller, flexibler und regionaler. Wir werden dafür die internen Abläufe optimieren und damit noch effizienter in der Leistungserfüllung werden.

5. Wir stehen in der gesamten Organisation vor einer großen Pensionierungswelle. Mehrere Tausend Bedienstete gehen in den kommenden zehn Jahren in Pension. Gleichzeitig werden wir insbesondere in den Bereichen Sanität, Cyber und ABC-Abwehr sehr viel zusätzliches Personal brauchen. Hier gilt es, die richtigen und wichtigen Schwerpunkte zu setzen.

6. Und zum Schluss der wichtigste Punkt: Wir müssen unser Heer in die „Mitte der Gesellschaft“ führen. Das wird uns mit dem sogenannten Schutz-und-Hilfe-Zonen-Modell gelingen, mit dem wir besser bei regionalen Ereignissen und Vorkommnissen reagieren können. Wir werden Attraktivierungen vom Grundwehrdiener über den Berufssoldaten bis hin zum Milizsoldaten herbeiführen.

In den vergangenen sechs Monaten haben wir intensiv an den Grundparametern gearbeitet, die wir nun vom Generalstab bis zu den Kommanden breit diskutieren werden.