Eine höchst pikante Entscheidung verkündete Gesundheitsminister Rudi Anschober am Dienstag in der Zib-2. Er nehme die von Experten geäußerte Kritik an juristischen Schnellschüssen ernst und habe deshalb ausgewiesene Fachleute gebeten, die bisherige wie auch die künftige Legistik einer Prüfung zu unterziehen. Schon am Donnerstag könnte das 6. Covid-Pakets, das eine Art Hausarrest light für Infizierte vorsieht, vorgestellt werden. Der Gruppe gehören Leute wie Wolfgang Peschorn, Clemens Jabloner, Heinz Mayer an.
Anschobers Schritt kommt einer subtilen Desavouierung des Kanzlers gleich, der am Vortag die Einwände mit dem flapsigen Hinweis vom Tisch gewischt hatte, Expertenkritik dürfe man „nicht überinterpretieren.“ Wichtiger sei, dass die Republik funktioniere. Bekanntlich laufen die Fäden für die gut 60 (!) Verordnungen, Erlässe, Gesetze bei Anschober zusammen, der Kanzler besitzt keine Richtlinienkompetenz.
Meinung
Gefahr für die SPÖ, nicht die ÖVP
Das Verhältnis zwischen Sebastian Kurz und Anschober ist kein friktionsfreies. Während der Koalitionsverhandlungen klagten türkise Kreise über den „Sturschädel“ Anschober. Im Zuge der Corona-Krise ist der Oberösterreicher zum zweitpopulärsten Politiker des Landes aufgestiegen, ganz knapp hinter Kurz (51 bzw. 49 Prozent laut Vertrauensindex). Unlängst skizzierte Anschober in kleiner Runde, welche Trends er aus der Krise ablese: Rückkehr zur Solidarität, Absage an Privatisierung, Teil-Rückabwicklung der Globalisierung. Wenn man ihm zuhörte, klang es wie ein Gegenprogramm zu Kurz. Wenn Anschober jemandem gefährlich wird, dann nicht der ÖVP, sondern der SPÖ unter Pamela Rendi-Wagner.
"Der Karl, der Heinz"
Nicht einmal hinter vorgehaltener Hand verlieren Kurz und Anschober ein böses Wort über den anderen. Differenzen über die Zählweise, Schulschließungen, Maskenpflicht werden im stillen Kämmerlein ausgetragen, beide sind Vollprofis. Wenn Anschober einmal in Fahrt kommt, dann spricht er beiläufig über den Karl (Nehammer), den Heinz (Faßmann). Der Sebastian ist im Beisein des Autors – bisher -noch nie gefallen.