Die Causa Eurofighter zieht sich wie ein Strudelteig. Es wird schon so lange und ohne konkrete Ergebnisse ermittelt, dass Beobachter bereits den Verdacht äußerten, es liege womöglich am mangelnden Engagement der ermittelnden Staatsanwälte.
Umso brisanter ist der Abschlussbericht des Eurofighter-Untersuchungsausschusses. Die Fäden zog Verfahrensrichter Ronald Rohrer, seinerzeit immerhin Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes (OGH). Und - das ist eine Besonderheit: Diesem Ausschuss lagen sämtliche Dokumente vor, die auch der Korruptionsstaatsanwaltschaft vorliegen. Inklusive der allerjüngsten Ermittlungsergebnisse.
Fazit des Berichts: Österreich habe tatsächlich um 183,4 Millionen Euro zu viel für die Eurofighter bezahlt, sei in ungerechtfertigter und betrügerischer Weise über den Tisch gezogen worden. Das ist einer der beiden Kernpunkte der Anzeige gegen die Airbus-Firmen, die nun schon so viele Jahre die Staatsanwälte beschäftigt.
"Treuwidrig und unrechtmäßig"
Im Bericht des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der
politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017 wird unmissverständlich festgestellt, dass die Verantwortlichen von Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH bzw. Airbus mit der rechtswidrigen Einpreisung von Euro 183,4 Mio in den Kaufpreis treuwidrig und unrechtmäßig gehandelt hätten.
Der heutige Innenminister Wolfgang Peschorn war 2017 als Leiter der Finanzprokuratur Berater des damaligen Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil, der Anzeige gegen die Eurofighter-Firmen erstattet hatte. Gegenüber der Kleinen Zeitung sagt Peschorn: „Der Bericht des Verfahrensrichters bestätigt die Vorwürfe in der Sachverhaltsdarstellung vom Februar 2017 und lässt keinen Zweifel daran, dass die Staatsanwaltschaft zu Recht ein Verfahren eingeleitet hat."
Auch der heutige Landeshauptmann Dokozil fühlt sich bestätigt: „Wer nach diesem Bericht immer noch glaubt, die Republik sei nicht geschädigt worden, dem würde ich unlautere Motive unterstellen. Die Staatsanwaltschaft sollte nun rasch ihre Ermittlungen vorantreiben und die Sache endlich zur Anklage bringen. Wir fühlen uns zu 100% bestätigt.“
Millionen zurückgeflossen
Gegengeschäftskosten seien gesondert auszuweisen gewesen, der klare Wortlaut der entsprechenden Vereinbarung lasse keine Zweifel offen. Im Gesamtkaufpreis waren jedoch "Offsetkosten von 183.400.000 Euro enthalten, die entgegen der eindeutigen Anordnung in der Angebotseinholung nicht offengelegt wurden", heißt es im Endbericht auf Seite 71. Zumindest ein Betrag von rund 90 Millionen Euro sei "ohne erkennbare Gegenleistung" aus den von EADS für Gegengeschäfts veranschlagten Kosten verschoben worden. Schon die Staatsanwaltschaft München hatte ja festgestellt, dass dieser Betrag zurück an EADS und über EADS an das Vector-Netzwerk floss.
Der Endbericht des Untersuchungsausschusses bekräftigt das. Auf Seite 134 heißt es: „Die Übertragung der Gegengeschäftsverpflichtung diente weit überwiegend als Deckmantel, um Gelder von EADS/EF auszuleiten und diese Gelder Zwecken zuzuführen, die mit der Abwicklung von Gegengeschäften nicht in Zusammenhang standen. In weit überwiegendem Ausmaß standen den von Brokern und Subbrokern an Vector und von Vector an EADS gelegten Rechnungen keine diese rechtfertigenden Leistungen gegenüber."
Und weiter, auf Seite 247: „Entsprechend dem Auftrag im Beweisbeschluss wurden die Zahlungsflüsse bestmöglich rekonstruiert. Damit wird jedenfalls das im Strafbefehl des Amtsgerichts München thematisierte unrechtsmäßige Ausleiten von Geldern aus dem EADS-Konzern als auch im Detail zutreffend festgestellt.“
Nach dem nunmehrigen erweiterten Wissensstand des dritten Eurofighter-Untersuchungsausschusses sei hinzuzufügen, "dass dieses Verschweigen der Übertragung der Gegengeschäftsverpflichtung ... nicht nur treuwidrig, sondern außerdem mit dem Ziel erfolgte, Gelder zu unlauteren Zwecken aus dem EADS-Konzern auszuschleusen und dies zu verheimlichen".
Die Übertragung der Gegengeschäftsverpflichtung letztlich an Vector sei "ohne Kenntnis österreichischer Behörden" erfolgt, zu dem Zweck, parallel "ein geheim gehaltenes Netzwerk zu schaffen Dadurch wurden aufgrund von Scheinrechnungen und verschachtelten Offshorefirmen Gelder, die Teil des von der Republik Österreich geleisteten Eurofighter-Kaufpreises waren, einer unrechtmäßigen Verwendung zugeführt".
Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hatte 2017 Anzeigen gegen Eurofighter-Hersteller Airbus, konkret gegen die Unternehmen Airbus Defence and Space GmbH (vormals EADS Deutschland GmbH) und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, erstattet und die Republik Österreich hatte als Privatbeteiligter Schadenersatz in Höhe von bis zu 1,1 Milliarden Euro, mindestens aber 183,4 Millionen Euro gefordert.
Die Anschuldigungen, welche die Task Force Eurofighter zusammengetragen hatte und die Basis der Anzeige waren: Manager der Unternehmen hätten "arglistige und betrügerische Täuschungshandlungen gesetzt - sowohl beim Kaufgegenstand als auch beim Kaufpreis."
Täuschung auch beim Typ
Beim Kaufpreis geht es um die Gegengeschäfte, beim Kaufgegenstand um die Fluggeräte selbst. Eurofighter sei "weder in der Lage noch willens" gewesen, Jets der von Österreich bestellten Tranche 2 Block 8 zeitgerecht zu liefern. Das Eurofighter-Management habe von allem Anfang an gewusst, dass die Tranche 2 nicht fertig werden würde, und die österreichischen Partner bei den Verhandlungen 2002 und 2003 vorsätzlich belogen.
Auch diese Vorwürfe haben sich inzwischen erhärtet. Im Bericht des zweiten Untersuchungsausschusses über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ aus dem Jahr 2017 heißt es, "aus heutiger Sicht spricht einiges dafür, dass die Vertreter der Republik Österreich bei Abschluss des Kaufvertrags über die Fähigkeit von EF zur Lieferung der vertragsgegenständlichen 18 Eurofighter Jagdflugzeuge der Tranche 2/Block 8 und über die Erfüllbarkeit der Forderung nach Baugleichheit, wie im Punkt 2.5 des Teiles B des Kaufvertrages zugesagt, getäuscht wurden."
Unter dem Eindruck dieser Ergebnisse dürfte es der Korruptionsstaatsanwaltschaft schwerfallen, die Ermittlungen einzustellen, so wie dies zwischendurch offenbar erwogen worden war.
Claudia Gigler