Dort, wo Menschen zusammenkommen, entsteht ein politisches Gefüge. Gesellschaft ist also immer politisch. Im besten Fall, im positiven Sinn – die Interessen aller betreffend, im Sinne des sozialen Begriffs des Gemeinwohls. Menschliches Handeln ist also per se politisch – und damit auch die Kunst. Zugleich ist Kunst frei und damit ein Messgrad für die Freiheit der Gesellschaft, in der wir leben. Wer soll die Frage „Wie politisch dürfen Künstler sein?“ regeln dürfen? Parteipolitische Interessensvertreter? Wohl kaum. Hier besteht die große Gefahr, dass Kunst parteipolitisch beeinflusst oder vereinnahmt wird.

Viel interessanter ist die Frage „Warum positionieren sich Künstler*innen und Kunstinstitutionen politisch? Warum sind ganze Festivals politisch, wie etwa der aktuelle steirische herbst?“ Weil es dringend Gegenbilder zu den globalen und regionalen politischen Entsolidarisierungs- und Autokratisierungstendenzen braucht. Wir brauchen Bilder einer hoffnungsvollen, friedlichen, weiterhin gemeinsamen und menschenwürdigen demokratischen Zukunft, wie sie in Mitteleuropa noch existiert.

In Anbetracht der weltweiten Extremismus, Rassismus- und Unterdrückungsthematiken, der düsteren Klimaprognosen muss entschlossen gehandelt werden. Trotz weltweiter Klimaproteste setzen viele gesellschaftspolitische Entwicklungen noch immer auf egozentrische und nationalistische Strategien, so als würden sich die großen anstehenden Themen von allein lösen, als würden sie vor geschlossenen Grenzen kapitulieren, als könnten sie durch Gewalt gelöst werden. Ein barbarischer Rückfall.

Kunst greift diese Themen seismografisch auf. Künstlerinnen und Künstler gehen oft mutig voran, stehen auf für Menschenrechte, zeigen Visionen auf, skizzieren Utopien eines friedlichen Zusammenlebens. Das kann die mächtige Wirkkraft von Kunst sein.
Was aber tun, wenn die Freiheit der Kunst missbraucht wird für populistische Marktschreiereien, für eine Stimulanz des Nationalistischen, des ausgrenzenden, hermetischen Herrschaftsanspruchs? Hier hilft das freie Denken mit der anschließenden Kulturtechnik des Gesprächs. Es ist dies das Überwinden des dogmatischen, vorgefertigten Denkens, das schlimmstenfalls einer ideologischen Führerfigur folgt. Freies Denken macht frei und uneinnehmbar. Es lässt uns Menschen selbst unter großem Druck urteilsfähig und damit kritisch handlungsfähig bleiben. Manchmal öffnet zeitgenössische Kunst dieses Fenster. Sehr gut, wenn man dann dabei ist