Herr Riegler, Sie haben eben fürs Klimavolksbegehren unterschrieben. Warum?
JOSEF RIEGLER: Weil ich es für enorm wichtig halte. Wir merken immer deutlicher, dass die Klimakrise bei uns mehr als heftig anklopft. Das ist keine theoretische Geschichte mehr, sondern wir müssen rasch handeln. Dieses Volksbegehren ist eine große Chance für intensivere Bemühungen, die Klimakatastrophe abzuhalten. Ich wünsche mir, dass sich der neu gewählte Nationalrat konstruktiv damit beschäftigt.
Warum braucht es dafür in Österreich ein Volksbegehren? Die bisherigen Regierungen hätten längst handeln können.
RIEGLER: Bisher war das Hauptproblem, dass die jeweiligen Umweltminister immer allein dagestanden sind. Jetzt gibt es einen Qualitätssprung. Ein schwedisches Mädchen hat eine weltweite Bewegung in Gang gebracht und gleichzeitig werden die Folgen des Klimawandels spürbarer. Inzwischen erklären alle Parteien, dass ihnen das Klimathema sehr wichtig ist. Da erwarte ich, dass wir hier in der nächsten Legislaturperiode kräftig vorankommen.
Gibt es dafür Anzeichen? Eine Öko-Steuerreform, die Sie und auch das Volksbegehren fordern, lehnt unter anderem Ihre ÖVP als „zusätzliche Belastung“ ab.
RIEGLER: Diese Sorge ist unbegründet. Man muss dabei nur ein bisschen in die Tiefe gehen. Wenn man das intelligent angeht, ist es eine mehrfache Win-win-Strategie. Es wäre ein Gewinn für unsere Klimasituation, für die Wirtschaft bei den Lohnkosten, aber auch für den allergrößten Teil der Menschen.
In den großen Parteien sieht man das offenbar nicht so.
RIEGLER: Wenn die Wahlen vorbei sind, werden die Parteien merken, dass diese Reform eine politisch sehr attraktive Geschichte ist. Sie ist unabdingbar.
KATHARINA ROGENHOFER: Ich finde es schade, dass die Debatte nicht jetzt im Wahlkampf schon inhaltlich geführt wird. Laut Budgetdienst des Parlaments würde eine ökosoziale Steuerreform in der richtigen Ausformung bis zu zwei Drittel der Haushalte, und zwar hauptsächlich die mit niedrigerem Einkommen, entlasten. Die Argumente einer zusätzlichen Belastung sind durch nichts gestützt. Jedes klimapolitische Szenario, das von Experten auf den Tisch kommt, sieht eine solche Reform vor.
Diese Einsicht wird sich bei der künftigen Regierung von selbst einstellen?
RIEGLER: Das Volksbegehren ist ein Anstoß dazu. Und nach der Wahl ist es leichter, eine vertiefte Sachdiskussion zu führen, zumal uns die Klimakrise erhalten bleibt. Die bisherige Politik war jedenfalls nicht ausreichend.
ROGENHOFER: Ich kann nur hoffen, dass es so kommt. Es geht ja nicht um utopische Ziele, sondern um ein gemeinsames Anpacken. Es bleibt nicht viel Zeit, das Ruder herumzureißen.
RIEGLER: CO2 muss einen fairen Preis bekommen. Das beginnt beim Flug- und Schiffstreibstoff, geht über einen Ausgleich bei CO2-belasteten Importen bis hin zur Alltagsmobilität und der Energieversorgung.
Vor einer solchen Besteuerung schreckt die Politik zurück.
RIEGLER: Es geht nicht um eine neue Steuer, sondern um eine Umgestaltung.
ROGENHOFER: Es gibt Hochrechnungen, wonach wir künftig 35 Milliarden Euro für CO2-Zertifikate, fossile Energieimporte und Klimafolgekosten ausgeben müssen. Dieses Geld könnten wir jetzt investieren, damit es nicht so weit kommt.
Das Volksbegehren hält bislang bei rund 35.000 Unterstützungserklärungen. Ab wann würden Sie von einem Erfolg sprechen?
RIEGLER: Ganz naiv würde ich sagen, dass jeder Wahlberechtigte unterschreiben sollte. Aber es geht uns nicht um eine konkrete Zahl, sondern um einen Schulterschluss.
Das „Don't smoke“-Volksbegehren schaffte knapp 900.000 Unterschriften, das Frauen-Volksbegehren knapp 500.000.
RIEGLER: Ich glaube schon, dass wir nach der eigentlichen Eintragungswoche nächstes Jahr in den Bereich der beiden Volksbegehren kommen.
Inhaltlich gibt es zum Volksbegehren große Überschneidungen mit den Grünen. Herr Riegler, wünschen Sie sich Türkis-Grün?
RIEGLER: Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mich schon vor Jahren für eine solche Konstellation ausgesprochen habe. Ich finde, das hätte Charme und einen positiven Effekt.