ÖVP und FPÖ wollen kommende Woche die Erhöhung der Mindestpensionen beschließen. Experten des Sozialministeriums wiesen nun darauf hin, dass dieser "Pensionsbonus" in alle EU-Länder fließen müsste. Die ehemaligen Regierungsparteien widersprachen dieser Einschätzung und kritisierten, ohne sie beim Namen zu nennen, Sozialministerin Brigitte Zarfl als SPÖ-Vertreterin in der Regierung.

Brigitte Zarfl
Brigitte Zarfl © APA/HELMUT FOHRINGER

Der von den Fraktionen der einstigen türkis-blauen Regierung geplante "Pensionsbonus" sieht vor, dass ab 2020 Menschen mit 40 Beitragsjahren eine Mindestpension von 1315 Euro brutto erhalten, jene mit 30 Beitragsjahren 1080 Euro. Vor allem Österreicher, die lange ins System eingezahlt haben, sollten davon profitieren. Die ÖVP geht von Kosten in Höhe von 50 Millionen Euro aus. Diese seien auch bereits im Stabilitätsprogramm eingerechnet worden.

Die Experten des Ministeriums gehen pro Jahr von rund 110.000 Betroffenen aus - und da würden sich die Mehrkosten "im Extremfall" auf 421,4 Millionen Euro summieren. Pro Jahr. Stellt sich nur die Frage: Wie sind derart unterschiedliche Beträge möglich? Die Antwort liegt in der Zahl der künftig potenziellen Bezieher. Und da scheint die ÖVP eine doch einigermaßen optimistische Sichtweise zu haben.

Laut einer Einschätzung des Sozialministeriums hätte allerdings laut EU-Recht jeder Bürger der Union, der zumindest ein Jahr in Österreich gearbeitet hat und mit seinen im Ausland erworbenen Versicherungsmonaten auf 40 oder 30 Jahre kommt, Anspruch auf den Bonus. Es handle sich nämlich um eine Versicherungsleistung. Dadurch könnten insgesamt 421,4 Millionen Euro in andere EU-Länder abfließen.

Dem widersprach die ÖVP, die zugleich Sozialministerin Zarfl attackierte. "Dass die Pensionen künftig ins Ausland abfließen, ist offenbar eine Wunschvorstellung der SPÖ und des von ihr nominierten Vertreters in der Regierung", so Klubchef August Wöginger. "Das werden wir verhindern." Die Kosten bezifferte er abermals mit rund 50 bis 60 Millionen Euro und nicht "wie von der SPÖ genannt 420 Millionen Euro".

Auch die FPÖ reagierte erbost. Die "Behauptung" des Sozialministeriums sei an Absurdität nicht zu überbieten, meinte Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in einer Aussendung. Offenbar versuche die SPÖ mit aller Kraft, die Erhöhung "madig" zu machen. Zur rechtlichen Absicherung der Erhöhung werde es kommende Woche noch legistische Adaptierungen geben.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner stellt sich hinter Zarfl. Sie schlug vor, lieber neu zu verhandeln: "Es droht tatsächlich die Gefahr, dass die geplante Erhöhung der Mindestpension auch in andere EU-Länder exportiert werden muss", meinte Rendi-Wagner zum Papier des Sozialministeriums. Dies sei ÖVP und FPÖ durchaus bewusst gewesen, da dies sogar im Gesetzesantrag angesprochen werde. Anstatt aber jetzt die "untadelige Expertenministerin" anzugreifen, schlägt die SPÖ-Chefin vor, rasch in intensive Gespräche und Verhandlungen zu gehen.

Grundsätzlich befürwortet Rendi-Wagner Verbesserungen für Mindestpensionisten, aber: "Der gute österreichische Weg ist der des Dialogs und nicht der wechselseitigen Beschuldigungen." Um eine Pensionsverbesserung ab Jänner 2020 zu erreichen, könne eine Beschlussfassung im Nationalrat auch erst im Septemberplenum erfolgen.