Die SPÖ suchte nach einem neuen Bundesgeschäftsführer. Viele riefen zuletzt nach dem Steirer Max Lercher, dem Ex-Bundesgeschäftsführer, der mit dem Antritt von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gehen musste. Auf ihn will jedoch der steirische Parteichef Michael Schickhofer nicht verzichten, er wird den steirischen Wahlkampf vorbereiten und kandidiert auch selbst für den Nationalrat.
Ein anderer Name, der immer wieder genannt wurde, war der wortgewaltige oberösterreichische Gewerkschafter Willi Mernyi, der den Kontakt zwischen der Spitze und der Basis wieder herstellen könnte. Mernyi ist aber auch als leitender Sekretär des ÖGB im Gespräch, statt Bernhard Achitz, der jetzt Volksanwalt wird.
Gefordert war dem Vernehmen nach jemand, der auch mit dem Wiener Boulevard gut "kann". Die Wahl fiel auf Christian Deutsch, einen engen Vertrauten des Wiener SPÖ-Chefs Michael Ludwig. Deutsch repräsentiert jenen insbesondere von den Wienern geprägten Flügel der Partei, der die Gegenfraktion zur Gruppe rund um Christian Kern darstellt, der selbst gestürzt wurde und dann Rendi-Wagner istalliert hat. Zur Ludwig-Fraktion gehören auch Doris Bures und gehörte zuvor Werner Faymann.
"Er ist ein gut vernetzter, erfahrener Wahlkämpfer, der die Partei in- und auswendig kennt", sagt Rendi-Wagner, die mit ihrer Entscheidung "die Schlagkraft der SPÖ maßgeblich verstärkt" sieht.
Die Landesspitzen der SPÖ sind entschlossen, die Bundespartei nicht mehr sich selbst zu überlassen. Die Steirer wollen sogar ihren Beitrag zum Wahlkampf-Fonds des Bundes davon abhängig machen, dass der Wahlkampf genau mit den Ländern abgestimmt wird.
Der steirische Parteichef Michael Schickhofer nach der gestrigen Sitzung des Bundesparteipräsidiums in Wien: „Es ist alles gesagt, was zu sagen ist. Es gibt personell keine Veränderung.“ Aber die Situation der Bundespartei betrachtet er offenbar weiterhin äußerst kritisch.
Pamela Rendi-Wagner bleibt Parteichefin, Thomas Drozda bleibt Parteigeschäftsführer, und Rendi-Wagner hält sogar am umstrittenen Berater Nedeljko Bilalic fest. Für die Wahl im Herbst ist sie trotz der schlechten Umfragewerte optimistisch. Sie setzt auf Inhalte, die nahe an den Menschen sind: „Ich bin überzeugt, dass die Sozialdemokratie eine gute Chance hat, das Ruder herumzureißen.“
"Das schweißt uns zusammen"
„Es ist im Interesse der Länderparteien, dass es ein gutes Ergebnis bei der Nationalratswahl gibt, schlagen doch etliche selbst bald Landtagswahlen“, sagte der Kärntner LH Peter Kaiser nach der Sitzung des Parteipräsidiums. „Das schweißt uns eng zusammen.“
Die Ländergranden konzentrieren sich mit ihren Aktivitäten auf ihren eigenen Bereich und verordneten der Parteiführung gleichzeitig ein neues Kleid: Den Wahlkampf soll ein neu zu bestellender Wahlkampfmanager leiten. Dieser Wahlkampfmanager soll die richtigen Inhalte verwerten, die zu Rendi-Wagner als Spitzenkandidatin passen: Gesundheit, Soziales, Pflege, auch der Klimawandel. ÖVP-Chef Sebastian Kurz soll nicht mehr direkt angegriffen werden sondern die Wahlwerbung soll über diese Inhalte, die die Menschen berühren, laufen. Und: Es braucht ein neues Kommunikationskonzept, insbesondere einen Plan für Präsenz auch in den Sozialen Medie
Geschichten für die Menschen
Die SPÖ will thematisch wieder eigene Geschichten zu erzählen haben, wie seinerzeit Christian Kern in der Diskussion über den Pflegeregress, sie will aber auch den Weg, der zum Misstrauensantrag gegen das Kabinett Kurz führte, noch einmal aufarbeiten und in eine für die Wähler nachvollziehbare Erzählung gießen:
- wie es der ÖVP gelungen sei, die Europa-Wahl zu einer nationalen Abstimmung zu machen
- wie Kanzler Kurz sich vom Täter zum Opfer gemacht habe, indem er mit der Lancierung des Namens Silberstein suggeriert habe, das Ibiza-Video gehe auf eine Initiative der SPÖ zurück
- wie mit dem "falschen" Appell an die Staatsräson Stimmung für ein Übergangskabinett Kurz gemacht worden sei von einem Parteichef Kurz, die ohne Blick auf die Staatsräson das Kabinett Kern / Mitterlehner gesprengt habe
- wie unter Ausnützung aller Tricks die Sondersitzung des Parlaments, bei der die Abwahl von Kanzler kurz erfolgen sollte, auf einen Termin nach der EU-Wahl geschoben worden sei.
Claudia Gigler