Drei Vorfälle innerhalb der letzten Tage und Stunden machen deutlich, dass es verstärkt zu rassistischen Übergriffen kommt: Das Video, das die Freundin einer jungen Muslima hochlud und das die Beschimpfung durch eine Wienerin dokumentiert, die Meldung von der rüden Beschimpfung eines oberösterreichischen Taxifahrers durch seine Fahrgäste, und die Aufregung rund um das Verhalten eines Welser Busfahrers gegenüber einem schwarzen Jugendlichen und dessen Bruder.

"Vorfälle wie diese sind keine Einzelfälle", sagt Caroline Kerschbaumer, Leiterin der vor 20 Jahren ins Leben gerufenen Stelle für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit (ZARA), die jährlich einen Rassismus-Report veröffentlicht. Heute gab es dazu auch eine Pressekonferenz der Dokumentations- und Beratungsstelle für Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus.

Auf Worte folgen Taten

Die aktuelle politische Debatte, die unbedachte oder auch absichtsvolle Wortwahl von Politik und Medien erzeuge ein Framing, innerhalb dessen Ereignisse in einen antimuslimischen Zusammenhang gerückt würden, ob es um Zuwanderung, um das Kopftuch oder um Werte gehe. Hier der aktuelle Report der Dokumentations- und Beratungsstelle:

Die Folge sei, dass es dann auch im Alltag zu tatsächlichen, tätlichen Übergriffen komme. Insbesondere Frauen, vor allem Kopftuchträgerinnen, würden zunehmend Opfer von antimuslimischem Rassismus, oft auch abseits der Öffentlichkeit.

Die Empfehlungen der Dokumentations- und Beratungsstelle:

  • eine verstärkte Sensbilisierung von PolizistInnen und anderen Bereichen im öffentlichen Dienst, bis hin zum öffentlichen Verkehr
  • die Erhöhung der Anzahl der Ermittlungen bei Verdacht auf rassistische Vorfälle - "Präzedenzfälle können auch präventiv wirken"
  • Dokumentationsformulare für die Exekutive, nach Londoner Vorbild, für Vorfälle, die den verdacht auf antimuslimische Rassismus nahelegen
  • bewussterer und differenzierter Umgang mit Begriffen seitens der Medien
  • bewusstseinsbildende Kampagnen und Veranstaltungen
  • ein "konstruktiver, inklusiver und gleichwertiger Dialog" von staatlichen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen

Wie man Opfer helfen kann

Im Interview mit dem ORF-Morgenjournal appellierte ZARA-Leiterin Caroline Kerschbaumer, "hinzuschauen, nicht wegzuschauen". Der erste Schritt sei, eine bedrohliche Situation als problematisch und diskriminierend zu erkennen, der zweite, geeignet darauf zu reagieren. Das müsse nicht immer eine "Belehrung" des Täters sein, sondern dem Opfer sei manchmal auch dadurch geholfen, dass man ein Gespräch mit dem Opfer beginne, ablenke, die Situation dadurch entschärfe. ZARA bietet entsprechende Workshops an. Kerschbaumer: "Es ist gut, wenn man gleich Handlungsstrategien parat hat. das kann man lernen."

Den Vorfall mitzufilmen, wie jüngst im Fall der beschimpften Muslima in Wien geschehen, könne hilfreich sein, vor allem, wenn man später Schritte gegen den Täter / die Täterin einleiten wolle. Aber: "Wenn Gesichter und Personen erkennbar sind, darf man das nicht so veröffentlichen", die Personen müssten vorher unkenntlich gemacht werden.

Verschärft die Politik, verschärfen Politiker mit ihren polarisierenden Aussagen die Bedrohungslage für Menschen, die nicht "österreichisch" aussehen? Diese Frage beantwortet Caroline Kerschbaumer mit einem Ja: Durch die Hasssprache im Netz, aber auch durch bestimmte Aussagen von Politikern gewöhnten sich die Menschen an diese Vorverurteilungen, sie würden früher oder später als Tatsachen gesehen, viele änderten die eigene Meinung in diese Richtung. "Rassismus gab es natürlich schon vor 20 Jahren, als ZARA gegründet wurde, aber spätestens seit 2015 richtet sich der Hass vor allem gegen Flüchtlinge, und da wieder vor allem gegen Muslime."