Die türkis-blaue Koalition hat die massive Kritik an dem Strafrechtspaket, das sie heute im Ministerrat präsentierte, vorausgesehen - und betonet in einem Hintergrundgespräch am Dienstagabend noch einmal eigens, dass es nicht nur um Strafverschärfungen für Vergewaltiger geht.

Man könne die Wirkung des Pakets nicht alleine anhand der höheren Strafdrohungen bewerten, sagt Karolin Edtstadler,  Staatssekretärin im Innenministerium und ÖVP-Kandidatin zur EU-Parlamentswahl. Sie hat die "Taskforce Strafrecht" der Regierung geleitet, die heute ihre Ergebnisse vorlegt - involviert waren sieben Ministerien. Die Staatssekretärin und FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz loben die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Behörden sowie Experten und Opferschutzeinrichtungen.

Beschlossen wurde heute aber nur eine Absichtserklärung. Edtstadler hofft trotzdem, dass die Maßnahmen mit Anfang 2020 in Kraft treten können.

Vergewaltigung, Stalking

Konkret wird bei Vergewaltigung die Mindeststrafe von einem auf zwei Jahre erhöht und damit eine gänzliche Strafnachsicht ausgeschlossen. Der Stalking-Paragraf wird erweitert, fortgesetzte Gewaltausübung strenger bestraft. Für Rückfalltäter werden in bestimmten Bereichen die Höchststrafen um die Hälfte erhöht, und Mindeststrafen werden eingeführt bzw. erhöht.

Schwere Traumatisierung gilt bei Gewalt- und Sexualdelikten nach den Regierungsplänen künftig als Erschwerungsgrund, ebenso wie Taten von Volljährigen gegen Minderjährige oder gegen Angehörige. Rechtskräftig verurteilte Sexualtäter gegen Minderjährige oder wehrlose Personen erhalten ein lebenslanges Tätigkeitsverbot in diesem Bereich. Herabgesetzte Strafrahmen für junge Erwachsene werden gestrichen.

Opferschutz

Im Bereich des Opferschutzes werden die Wegweisung samt Betretungsverbot für die Gewalttäter neu geregelt, es wird ein Annäherungsverbot auf 50 Meter verankert. Bei den Frauenhäusern soll ein Wechsel in ein anderes Bundesland möglich sein, und der Opfernotruf soll durch eine dreistellige Telefonnummer einfacher werden. Für Übergangswohnungen in den Ländern wird der Bund Geld zur Verfügung stellen.

Bessere Vernetzung

Als Lehre etwa aus dem Fall Brunnenmarkt sollen Gerichte und Sicherheitsbehörden besser vernetzt werden. Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen sollen vor allem im medizinischen Bereich gelockert werden, Anzeige- und Meldepflichten vereinheitlicht. Fallkonferenzen soll es künftig wieder geben, unter Leitung der Polizei und auf rechtlicher Basis.

Täterarbeit

Fix verankern will die Regierung auch die Täterarbeit. Es soll bundesweit Gewaltinterventionszentren (GIZ) geben, von denen sich Täter verpflichtend betreuen lassen müssen.

Weitere Maßnahmen betreffen die Prävention von weiblicher Genitalverstümmelung und von Gewalt im Namen der Ehre. Hier soll etwa auch die Möglichkeit zur Änderung der Sozialversicherungsnummer geschaffen werden, um den Opfern zu ermöglichen, ein neues Leben zu beginnen.