Unter einer Streikdrohung der Gewerkschaft gehen die Verhandlungen für die rund 100.000 Beschäftigten im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich am Donnerstag in die vierte Runde. In den letzten Tagen haben bereits Betriebsversammlungen stattgefunden, um die Beschäftigten zu informieren. Am Wochenende hat der ÖGB die Streikfreigabe erteilt. Sollte die Runde am Donnerstag scheitern, können damit unverzüglich Protestmaßnahmen folgen.
Es geht dabei vor allem um Pflegekräfte, Mitarbeiter in der Behindertenhilfe und im Gesundheitswesen, die in Organisationen wie der SPÖ-nahen Volkshilfe, dem ÖVP-nahen Hilfswerk oder der Lebenshilfe beschäftigt sind. Zu den größten Arbeitgebern zählen auch die Senecura Gruppe mit 81 Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen in Österreich oder in Wien das "Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser". Nicht in die Sozialwirtschaft eingebunden sind die Caritas, die Diakonie und das Rote Kreuz, die jeweils eigene Kollektivvertragsverhandlungen führen.
Für die Sozialwirtschaft sind die Gewerkschaften GPA-djp und vida mit einer Forderung von sechs Prozent in die Verhandlungen gegangen. Die Arbeitgeber haben ihr Angebot von ursprünglich 2,02 Prozent zunächst auf 2,37 und in der letzten Runde vorige Woche nach 18 Stunden auf 2,5 Prozent aufgebessert. Der Gewerkschaft reicht das bei weitem nicht, GPA-Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer pochte zuletzt zumindest auf einen Dreier vor dem Komma.
Daneben fordert die Gewerkschaft aber auch eine umfassende Arbeitszeitverkürzung. So verlangen die Arbeitnehmervertreter eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich und die sechste Urlaubswoche für alle. Bödenauer begründete dies mit der hohen Belastung der Beschäftigten im Pflegebereich, die daher mehr Erholungszeit bräuchten, um bis zur Pension arbeiten zu können. Außerdem würden jetzt schon 85 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit arbeiten.
Walter Marschitz, der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, argumentiert, dass sich die Wünsche der Gewerkschaften insgesamt auf über 25 Prozent Mehrkosten summieren würden. "Das wäre in keiner Branche auch nur annähernd leistbar." Zudem sei die Sozialwirtschaft bei der Arbeitszeit mit der 38-Stunden-Woche ohnehin schon Vorreiter.
(Schluss) mk/jul