Der Dringliche Antrag der SPÖ, mit den Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) zum Handeln gegen den Ärztemangel aufgerufen wird, ist am Dienstag im Nationalrat nach Ende der Debatte abgelehnt worden. Neben den Sozialdemokraten stimmte nur die Liste Jetzt dafür.

Mit Koalitionsmehrheit angenommen wurde hingegen ein türkis-blauer Antrag, mit dem die Bundesregierung um Stärkung der niedergelassenen Versorgung im Sinne der Patienten ersucht wird. Beantragt wurde von ÖVP und FPÖ auch eine Prüfung des Gesundheitsressorts über die letzten zehn Jahre durch den Rechnungshof.

Die SPÖ beantragte daraufhin beim Rechnungshof eine Prüfung der mächtigen Generalsekretäre in den Ministerien. Sie sind in dieser generalisierten Form eine Erfindung der türkis-blauen Regierung. Laut Berechnungen der SPÖ belaufen sich die direkten Kosten für die elf Generalsekretariate auf rund 5,5 Millionen Euro jährlich, berichtet "Die Presse".

Millionen für die Sekretäre

Die Kosten würden sich durch komplizierte Abläufe und Verlängerungen von Entscheidungen noch einmal um 3,9 Millionen Euro erhöhen, so die SPÖ-Rechnung. "Alle Generalsekretariate zusammen kosten den Steuerzahler im Jahr 9,5 Millionen Euro", heißt es im Prüfansuchen.

An der Einrichtung der Generalsekretariate gab es von Anfang an Kritik: Die hoch dotierten Posten wurden nicht ausgeschrieben, weder intern noch extern. Weiters haben die Generalsekretäre eigene Büros eingerichtet - ihnen ist weiteres Personal zugeteilt.

Hartinger-Klein sieht Schuld bei SPÖ

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat nicht unerwartet die Verantwortung für einen drohenden Ärztemangel der SPÖ zugewiesen, die ja während der vergangenen Jahre das Gesundheitsressort über gehabt hatte. In der Beantwortung des "Dringlichen SPÖ-Antrags" betonte sie ferner, bereits Maßnahmen zur Attraktivierung des Hausärzte-Berufs eingeleitet zu haben.

So habe sie den Obersten Sanitätsrat beauftragt, einen medizinischen Maßnahmen-Katalog zu erstellen, was man leisten müsse, um mehr Mediziner für eine Kassenstelle zu interessieren. Sich selbst lobte die Ministerin dafür, die Anstellungsmöglichkeit von Ärzten bei Ärzten geschaffen zu haben und das "Mystery-Shopping" in Arztpraxen abgestellt zu haben.

Ferner verwies sie auf die Sozialversicherungsreform. Diese ermögliche es, veraltete Leistungskataloge zu erneuern und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen. Zudem könne man nun neue Verträge gestalten und dabei Attraktivierungsmaßnahmen für Allgemeinmediziner setzen.

Zu Wahlarzt abgeschoben

Patienten in Richtung Wahlarzt abgeschoben
Der SPÖ hielt Hartinger-Klein vor, dass schon Alois Stöger als drittletzter roter Gesundheitsminister einen Ärztemangel festgestellt habe. Gemacht worden sei danach aber nichts. Die Patienten seien in Richtung Wahlarzt geschoben worden statt dafür zu sorgen, dass mehr Kassenstellen geschaffen würden: "Sie haben eine Zwei-Klassen-Medizin" gefördert, erklärte die Sozialministerin in Richtung SPÖ.

Deren Klubchefin Pamela Rendi-Wagner sieht das gänzlich anders. Hartingers Vorgängerin als Gesundheitsministerin betonte, was sie und ihre Vorgänger alles geleistet hätten von ELGA über verpflichtende Lehrpraxen bis hin zum neuen Hausärztegesetz. Nichts tue sich erst, seit die aktuelle Regierung angetreten sei.

Hartinger-Klein habe das Thema Hausärzte auf die lange Bank geschoben. Ohnehin glaube dieser Regierung stets, dass der Markt alles regeln werde. Dem sei aber nicht so, verwies Rendi-Wagner etwa auf die Probleme im verkehrsmäßig bestens angebundenen St. Valentin, eine Kassenstelle zu besetzen.

Demografischer Wandel

Dies ist für die SPÖ-Chefin freilich nur der Anfang. Derzeit seien bloß einige Gemeinden ohne Hausarzt: "Aber bald werden es ganze Regionen sein, wo kein einziger Hausarzt mit Kollektivvertrag gefunden werden kann."

Verschärft wird dies aus SPÖ-Sicht auch durch den demografischen Wandel mit immer höherer Lebenserwartung. Die Bevölkerung werde immer älter, brauche damit auch mehr Ärzte, auf der anderen Seite stünden die alternden Ärzte, sieht Rendi-Wagner die Lunte von beiden Seiten brennen.

Nicht nur, dass die Regierung nichts dagegen tue, mache sie die Lage durch die Sozialversicherungsreform noch schlimmer, findet Rendi-Wagner. Die versprochene Patienten-Milliarde dadurch werde es nämlich nicht geben sondern ganz im Gegenteil werde der Umbau eine Milliarde kosten, die im Kampf gegen den Ärztemangel fehlen werde. 48 zusätzliche Leitungsposten würden geschaffen - "statt Ärztestellen blaue Versorgungsstellen".

Argumentiert wird von Klubobfrau Rendi-Wagner, die ja auch Hartingers Vorgängerin als Gesundheitsministerin ist, damit, dass in den kommenden Jahren eine Pensionierungswelle bevorsteht. 48 Prozent der gut 18.000 niedergelassenen Ärzte würden spätestens in zehn Jahren das Pensionsalter erreichen. Bei den Fachärzten mit Gebietskrankenkassen-Vertrag würden sogar 60 Prozent bis 2029 in den Ruhestand treten.

Schon jetzt gebe es trotz theoretisch hoher Mediziner-Dichte ein Verteilungsproblem in der Ärzteschaft. 90 Kassenstellen seien nicht besetzt. Das bedeute, dass rund 200.000 Menschen keine wohnortnahe adäquate hausärztliche Versorgung haben, aber auch, dass Ärzte immer weniger Zeit für ihre Patienten hätten. Ferner habe sich die Versorgung durch lange Wartezeiten, überfüllte Ambulanzen oder lange Anfahrtswege verschlechtert.

Hartinger-Klein verschärfe Situation

Die SPÖ betont, dass die Lunte von beiden Seiten brenne. Denn es werde auch die österreichische Bevölkerung immer älter. 2020 würden mehr als 500.000 Menschen in Österreich 80 Jahre oder älter sein - damit einhergehend oftmals auch chronisch krank, multimorbid, pflegebedürftig oder demenziell erkrankt.

Hartinger wird nun von Rendi-Wagner vorgeworfen, diese ohnehin schwierige Situation zu verschärfen. Sie zerstöre nämlich funktionierende Strukturen in der Sozialversicherung und mache durch schlechtere Arbeitszeitregelungen den Beruf des Arztes unattraktiv. Die SPÖ will nun von der Sozialministerin einen neuen Anlauf. Hartinger müsse dafür Sorge tragen, alle Verantwortlichen an einen Tisch zu holen, um Maßnahmen zu entwickeln, die dem "drohenden ÄrztInnenmangel im Sachleistungssystem entgegenzuwirken".