Warum gilt Mathematik noch immer als Angstfach Nummer eins bei Österreichs Schülern?
Rudolf Taschner: Weil der Unterricht viel zu früh aufhört. Stellen Sie sich einen Schüler vor, der einen Fehler macht. Er bekommt eine schlechte Note, geht damit heim und ist frustriert. Dabei sind Fehler etwas Gutes. Der Lehrer sollte sagen: „Gut, du hast hier einen Fehler gemacht. Jetzt zeig ich dir, wie es richtig geht.“ Gute Mathematiklehrer beherrschen Fehler, schlechte bestrafen sie.

Endet Matheunterricht aus Ihrer Sicht nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich zu früh?
Natürlich würde mehr Mathematikunterricht nicht schaden, aber das ist ein Wunsch ans Christkind. Gegen die erwähnte Angst würde aber schon helfen, wenn man die Schüler dazu ermutigt, die Dinge verstehen zu wollen. Es ist aber schade, dass wir überhaupt prüfen müssen.

Ist es für Schüler dabei wirklich notwendig, dass sie mit Sinus und Kosinus oder Vektoren umgehen können?
Natürlich kann man die Tiefe, in die man geht, immer variieren. Aber ja, es ist eine gute Idee, diese Dinge zu lernen. Denn diese Instrumente wurden von Menschen erschaffen, um die Welt erfass- und beschreibbar zu machen.

Die Ergebnisse der Mathematura 2017 waren besonders schlecht. Wie geht es heuer aus?
Viel besser, da bin ich sicher. Aber nicht, weil die Aufgaben leichter gemacht worden sind, sondern weil die Texte klarer formuliert sind. Wozu Schüler unnötig quälen?

In einem Interview mit der Kleinen Zeitung haben Sie sich 2016 für eine zentrale Korrektur der Zentralmatura ausgesprochen. Die kommt nun nicht. Sind Sie enttäuscht?
Nein, denn wir sind ja mit unseren Reformüberlegungen noch nicht am Ende. Aber mehr wäre sich bis zur nächsten Matura nicht ausgegangen.