Im Konflikt zwischen Wien und der Bundesregierung ist am Montag die gesamte SPÖ-Regierungsmannschaft ausgerückt, um sich gegen die Vorwürfe des Bundes zu wehren. Die sechs Stadträte versammelten sich mit Bürgermeister Michael Ludwig im Wappensaal des Rathauses, um der Kritik einen Überblick über die Schwerpunkte der Stadtregierung entgegenzusetzen und den Wien-internen Zusammenhalt zu beschwören.

Anlass für die gemeinsame Pressekonferenz sei der Umstand, dass "eine ganz starke Kampagne gegen Wien" laufe. "Und damit meine ich jetzt nicht eine Einzeläußerung, die vielleicht missverständlich interpretiert werden kann, sondern dass - nicht täglich, sondern fast stündlich - Angriffe auf Wien erfolgen", empörte sich Ludwig. "Als Wiener Bürgermeister kann ich das nicht auf unserer Stadt und auf den Menschen in unserer Stadt sitzen lassen."

Die Bundesregierung verbreite teilweise falsche Zahlen über Wien, kritisierte er. Statt zu einer Lösung beizutragen, würden AMS-Mittel gekürzt, die Aktion 20.000 abgeschafft und Deutschkurse gestrichen. "Ich erwarte mir Kooperationsbereitschaft", erklärte Ludwig in Richtung Bund. Wien sei die lebenswerteste Stadt weltweit, was an den fleißigen Wienern und den politischen Rahmenbedingungen liege.

Aufstehen in Wien

Der Konflikt zwischen der Bundes- und der Stadtregierung entzündete sich an der Reform der Mindestsicherung, die Wien nicht in der vom Bund geplanten Form umsetzen will. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte im Zuge der Debatte gemeint, dass in vielen Familien in Wien nur mehr der Nachwuchs in der Früh aus dem Haus gehe: "Ich glaube nicht, dass es eine gute Entwicklung ist, wenn immer weniger Menschen in der Früh aufstehen, um zu arbeiten und in immer mehr Familien nur mehr die Kinder in der Früh aufstehen, um zur Schule zu gehen."

"Dieses Gesetz ist nicht fertig", bekräftigte Sozialstadtrat Peter Hacker seine Kritik am neuen Mindestsicherungsmodell. Er warte gemeinsam mit den anderen Soziallandesräten "mit großer Ungeduld" auf einen Termin mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). "Diese Stadtregierung wird nicht zuschauen, wie 40.000 Kindern in die Armut geschickt werden", betonte er.

Zusammenrücken

Auch Umweltstadträtin Ulli Sima nahm auf die Aussage von Kurz Bezug: "Ich habe schon einige Wahlkämpfe miterlebt und das Muster ist immer dasselbe: Attacken gegen Wien, Schlechtreden der Bundeshauptstadt", stellte sie fest. "Erfahrungsgemäß bewirkt das vor allem eines, nämlich dass die Wiener näher zusammenrücken." Auch Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler versprach, Versuchen, die Bevölkerung auseinanderzudividieren wie "ein seltsamer Samurai" entgegenzutreten.

Keine frühere Wahl

Auch wenn der Wahlkampf damit bereits angelaufen scheint, sind vorgezogene Wahlen für die WienerSPÖ kein Thema, bekräftigte Ludwig: "Man ist als Politiker gewählt, um zu arbeiten", betonte er. Die Stadtregierung habe noch einige Punkte des Regierungsprogramms anzugehen. "Wir werden das bis zum Jahr 2020 abarbeiten", versicherte Ludwig.

Die Leistungsschau, bei der die Stadträte jeweils kurz über die - bereits bekannten - Schwerpunkte ihrer jeweiligen Ressorts referierten, fand ohne den Grünen Koalitionspartner statt. "Wir haben ein sehr gutes Einvernehmen mit dem Koalitionspartner, sind aber auch daran interessiert, dass die Bevölkerung das eigenständige Profil der SPÖWien wahrnimmt", begründete Ludwig die Entscheidung.