Die Freiheitlichen starten heute mit ihrem Neujahrstreffen in der Wiener Messe in das zweite volle Jahr der türkis-blauen Koalition. Und während sich eine Demo der „Linkswende“ angesagt hat, ist es ein anderes Gespenst, das Heinz-Christian Strache und seiner Partei eher im Nacken sitzt: die Erinnerung an den Parteitag von Knittelfeld.
16 Jahre ist es her, dass die blau-schwarze Regierung Schüssel/Riess-Passer im zweiten Jahr von rebellischen FPÖ-Funktionären dort im September 2002 verrissen wurde – tags darauf trat Riess-Passer zurück, Schüssel kündigte die Koalition auf, gewann die folgenden Wahlen, die FPÖ stürzte von 27 auf zehn Prozent.
Jetzt im Livestream - Strache spricht ab 11.30 Uhr:
Grund des Unmuts in der Partei, der „Knittelfeld“ ausgelöst hatte: die sinkenden Umfragewerte. Die Wähler hatten offenbar nicht den Eindruck, dass die FPÖ „ihre“ Themen und Versprechen in der Bundesregierung hatte umsetzen können.
„Diskussionen auf Augenhöhe“
Viele, die heute in der Partei aktiv sind, erinnern sich an diese Zeit – und wollen darauf achten, diesmal neben der regierungserfahrenen ÖVP nicht unterzugehen. Das Sicherheitspaket mit mehr Polizisten, mehr Abschiebungen, Verschärfungen im Fremdenrecht, die Ablehnung des UN-Migrationspakts, die Senkung der Arbeitslosenbeiträge, die Einführung einer Mindestpension: Die Liste dessen, was die Freiheitlichen als Erfolge in der Regierung verbuchen, ist lang, wenn man in der Partei nachfragt. Auch der Regierungspartner streut Rosen, von „Diskussionen auf Augenhöhe“ und „beiderseitigem Lösungswillen“ schwärmt VP-Generalsekretär Karl Nehammer.
Demgegenüber stehen auch Niederlagen: das schlechte Licht, das die Causa BVT auf Innenminister Herbert Kickl wirft zum Beispiel, der „150 Euro“-Sager von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein oder die jüngste Blamage Straches vor Gericht.
In den Umfragen ist die FPÖ aber nicht abgestürzt – zumindest nicht drastisch. Sie liegt im Schnitt der vergangenen Monate einige Prozentpunkte unter ihrem Wahlergebnis von 2017 – aber nicht so viel, dass sich darob Panik breitmachen würde.
Das kann sich freilich ändern, je näher relevante Wahlen – 2020 etwa die Steiermark und Wien – rücken. Aber derzeit ist das Gespenst von Knittelfeld weit weg.
Georg Renner