Während die Regierung am Dienstag zu einem Gipfel gegen Hass im Netz ins Bundeskanzleramt einlud, stellte die FPÖ ein Video auf Facebook, das rassistische Klischees bedient. Darin wird der Missbrauch der E-Card von einem "Ali", der einen Fes trägt, veranschaulicht. Auch der Klubobmann der Wiener Freiheiltichen, Johann Gudenus, hat das Video auf seiner Seite geteilt.
Besagter Ali will sich in dem Film mit der E-Card seines Cousins Mustafa "die Zähne auf Vordermann bringen lassen", wie es heißt. Er scheitert aber, weil die E-Card künftig mit Foto ausgestattet ist. "Pech gehabt Ali. Es heißt nun: Sozialmissbrauch ade", lautet der Kommentar der FPÖ in dem Video, das prompt Kritik von der Konkurrenz im Netz erntete.
"Gut, dass die FPÖ und Ministerin Hartinger-Klein aus Anlass zum Gipfel gegen 'Hass im Netz' gleich Anschauungsbeispiele liefern", meinten etwa die NEOS.
Auch ZIB-Moderator Armin Wolf findet auf Twitter klare Worte. "Gegen offene Ausländerfeindlichkeit und Rassismus im Netz scheinen Klarnamen ja eher wenig zu helfen", so der ORF-Anchorman.
Am Abend wurde das Video vom Netz genommen. In der FPÖ-Zentrale zog man auf Geheiß des Parteichefs die Notbremse. Zum Video sagte Christian Hafenecker , dieses sei "durch ein Kommunikationsproblem online gegangen, ohne dass ich es vorher gesehen habe". "Ich hätte das so nicht online gestellt." Nachdem er von dem Kurz-Film Kenntnis erlangt habe, sei der Clip wieder vom Netz genommen worden, da er der Meinung sei, "dass man es anders hätte dastellen können". "Wo viele Leute werken, passieren halt manchmal Fehler", so der Generalsekretär.
"Infantiler Netzpopulismus"
Der steirische ÖVP-Landesrat Christopher Drexler spricht von "infantilem Netzpopulismus" der FPÖ, dem er fassungslos gegenüberstehe. Drexler ist auch deswegen empört, weil er im Sommer vor einem Jahr die Forderung nach einem Foto auf der E-Card vorangetragen hat, aus anderen Gründen als dem von der FPÖ unterstellten flächendeckenden Missbrauch durch Ausländer (bisher musste mit der E-Card ein Lichtbildausweis mitgeführt werden, künftig reicht die E-Card). Dass die FPÖ das Video just am Tag des Gipfels gegen Hass im Netz lanciert habe, spreche für sich.
"FPÖ nicht Teil der Lösung, sondern des Problems"
Für SOS Mitmensch führt das Video den Regierungsgipfel gegen Hass im Netz vollkommen ad absurdum. "Wer mit Hass auf Stimmenfang geht, kann nicht Teil der Lösung gegen Hass im Netz sein, sondern ist Teil des Problems“, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.
Das rassistische Klischees bedienende Facebook-Video der FPÖ zum Thema E-Card zieht nun eine parlamentarische Anfrage sowie eine Sachverhaltsdarstellung der Opposition nach sich. Die NEOS wenden sich wegen des Verdachts der Verhetzung an die Staatsanwaltschaft Wien, die Liste Pilz will in einer Anfrage an Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) über deren Involvierung in das Video Auskunft.
Verdacht der Verhetzung
Die NEOS-Sachverhaltsdarstellung erfolgt wegen des Verdachtes der Verhetzung (§ 283 Strafgesetzbuch) und richtet sich gegen den FPÖ-Parlamentsklub, deren geschäftsführenden Klubobmann Johann Gudenus sowie gegen die FPÖ selbst und deren Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache. Es bestehe der Verdacht, dass "eine nach den Kriterien der Abstammung bzw. regionalen oder ethnischen Herkunft sowie Religion definierte Gruppe von Personen in einer Weise beschimpft wurde, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen", heißt es in der Sachverhaltsdarstellung.
NEOS-Justizsprecherin Irmgard Griss zeigte sich in einem Statement gegenüber der APA verärgert: "Genau an jenem Tag, an dem die Regierung einen Gipfel gegen Hass im Netz veranstaltet, postet die FPÖ ein rassistisches, fremdenfeindliches Video. Das ist mehr als zynisch. Diese Bildsprache ist Verhetzung, wie sie in einem zivilisierten Staat undenkbar sein sollte. Das Video beweist, dass es sich beim verhetzenden Foto zur Indexierung der Familienbeihilfe nicht um einen 'bedauerlichen Einzelfall' handelt." Und es sei "völlig unverständlich, wieso die ÖVP noch länger schweigt". ÖVP-Chef Sebastian Kurz lasse die FPÖ dabei gewähren, "wie sie Menschen gegeneinander ausgespielt und bestimmte Gruppen verächtlich macht".
Liste Pilz-Sozialsprecherin Daniela Holzinger wiederum wendet sich in einer parlamentarischen Anfrage an die Sozialministerin, die in dem besagten Video-Spot interviewt wird. Holzinger will von der Ressortchefin unter anderem wissen, ob sie bei Abgabe Ihres Statements an FPÖ-TV gewusst hat, in welchem Kontext es verwendet werden soll. "Haben Sie das Skript des Videos gekannt?", so die Frage der Abgeordneten.
Darüber hinaus will die Liste Pilz auch wissen, wie viele Missbrauchsfälle mit der bisherigen E-Card dem Ministerium bekannt sind und wie hoch der Gesamtschaden durch diese missbräuchliche Verwendung ist. Gefragt wird auch, ob Sozialministerin Beate Hartinger-Klein das Video "von der Form und/oder vom Inhalt her" mit Bundeskanzler Kurz bzw. mit dem Bundeskanzleramt abgesprochen hat.
Kritik am FPÖ-Video kam unterdessen auch von der NGO SOS Mitmensch: "Das heute von der FPÖ in Umlauf gebrachte Hetzvideo zur E-Card, das unter Beteiligung von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein entstanden ist, führt den Regierungsgipfel gegen Hass im Netz vollkommen ad absurdum. Wer mit Hass auf Stimmenfang geht, kann nicht Teil der Lösung gegen Hass im Netz sein, sondern ist Teil des Problems", sagte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak in einer Aussendung.