Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) prangert die "diplomatischen Gepflogenheiten" von Kanzler Christian Kern (SPÖ) an. Die Kritik Kerns an Ungarn mit der gleichzeitig über Medien transportierten Androhung von EU-Mittel-Kürzungen sei ein Beispiel für "wenig sachliche Kritik" - sie gleiche "dem sprichwörtlichen Elefanten im Porzellanladen" und beschäme die "Tradition Österreichs".
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zeigt sich über die Kritik der FPÖ an Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) erstaunt. "Ich bin verwundert, dass die FPÖ hier Ungarn verteidigt und Österreich angreift", sagte Schieder am Samstag der APA. Die internationale Kritik sei "ja keine Kritik an der ungarischen Bevölkerung, sondern an der rechtsnationalen Regierung", verteidigte Schieder seinen Parteichef. Ministerpräsident Viktor Orban versucht seiner Ansicht nach mit einem "anti-europäischen Kurs von der sozialen Schieflage in seinem Land" abzulenken. Nach Polen werde die EU-Kommission gegen Ungarn das nächste Vertragsverletzungsverfahren einleiten, ist sich der Sozialdemokrat sicher.
Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto hatte am Freitag angesichts jüngster Kritik aus Wien eine härtere Gangart gegenüber Österreich angekündigt. Die ungarische Diplomatie werde ab jetzt nach dem Prinzip "Wie du mir, so ich dir" agieren, sagte Szijjarto laut ungarischer Nachrichtenagentur MTI. Die "Zeit der Feinfühligkeiten" sei vorbei. Zuvor hatte die polnische Regierung den österreichischen Botschafter einbestellt. Kern hatte Polen und Ungarn mit einer Kürzung von EU-Mitteln gedroht, wenn sie sich weigerten, europäische Grundsätze einzuhalten.
Der Politiker der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz reagierte unter anderem auf eine Kritik von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Dieser hatte eine Pressekonferenz Szijjartos als "niveaulos" bezeichnet, in der dieser seinerseits Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) kritisiert hatte. Kern drohte darin Ländern wie Polen oder Ungarn mit einer Kürzung von EU-Mitteln, wenn sie sich weigerten, europäische Grundsätze einzuhalten. Schieder erklärte zudem, die EU sei eine Wertegemeinschaft und dürfe "nicht mit einem Bankomaten verwechselt werden".
"Monarchie existiert nicht mehr"
"In Wien ist es auch für unsere sozialdemokratischen Freunde an der Zeit, zu bemerken, dass die österreichisch-ungarische Monarchie nicht mehr existiert. Es ist legitim, dass Budapest einen anderen Standpunkt vertritt, als Wien", wiederholte Szijjarto am Freitag entsprechende Aussagen vom Donnerstag. "Wenn Österreichs Bundeskanzler Ungarn auf ungerechtfertigte Weise attackiert, verleugnet er, dass Ungarn Österreich beschützt und österreichische Unternehmen mit Milliarden von Forint unterstützt. Das können wir nicht unkommentiert stehen lassen."
Szijjarto spielt dabei auf den im Zuge der Flüchtlingsbewegungen errichteten Grenzzaun zu Serbien an, der "nicht nur Ungarn, sondern auch Österreich schützt". Weiters habe Ungarn in den vergangenen Jahren österreichische Unternehmen mit rund fünf Milliarden Forint (16,41 Mio. Euro) unterstützt. Erst am Freitag kündigte die österreichische Baustofffirma Leier an, sieben Milliarden Forint in sechs ungarischen Fabriken zu investieren. Ungarns Regierung fördert die Initiative mit 1,28 Milliarden Forint.
Österreichs Botschafter in Polen, Thomas Buchsbaum, ist im Zusammenhang mit einem Interview von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in das polnische Außenministerium in Warschau zitiert worden. Das berichtete am Freitag die Nachrichtenagentur PAP.
Geld als Hebel
Kritik gab es laut PAP vor allem an der Aussage Kerns in dem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ), "das nächste Budget" werde "der D-Day" sein. Zudem wurde bei dem Gespräch in Warschau, das der APA am Freitag vom Außenministerium (BMEIA) bestätigt wurde, Unmut über die Forderung des Bundeskanzlers geäußert, Nettotransfers innerhalb der EU als Hebel einzusetzen, um Länder wie Polen zu zwingen, sich "in eine gemeinsame europäische Politik" einzufügen.
Neben der umstrittenen Justizreform, welche die nationalkonservative Regierung in Polen durchsetzen wollte - Präsident Andrzej Duda legte freilich teilweise sein Veto ein - hatte der SPÖ-Bundeskanzler auch die Weigerung Polens kritisiert, sich trotz EU-Beschlüssen an der Umverteilung von Flüchtlingen zu beteiligen.
Von polnischer Seite hieß es dem PAP-Bericht zufolge, dass die Frage der "Zwangsumsiedlungen" von Flüchtlingen "in keiner Weise im Zusammenhang mit dem Thema der EU-Strukturfonds" stünde. Kern hatte gegenüber der "FAZ" (Donnerstagsausgabe) unter anderem erklärt: "Wer sich nicht an die Regeln hält, der kann nicht Nettoempfänger von 14 oder 6 Mrd. Euro sein". Das werde weder Wien noch Berlin mittragen.
Das derzeitige EU-Budget ist bis 2019 gültig. Auch EU-Kommissarin Vera Jourova hatte am Dienstag "ganz allgemein" - und nicht nur auf Polen bezogen - darauf gedrängt, künftig Rechtsstaatlichkeit zur Bedingung für EU-Fördermittel zu machen.