Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) plant für die nächste Regierungsperiode eine Senkung der Steuern und Abgaben auf Arbeit von über fünf Milliarden Euro. Gegenfinanzieren will Kern die Entlastung bei Löhnen und Einkommen durch Umschichtungen im Steuersystem sowie durch Einsparungen in der Verwaltung. Zur Reform der Verwaltungsstrukturen in Bund und Ländern hat Kern ein Referendum im Auge.
"Mein Ziel ist, dass wir die Steuer- und Abgabenquote weiter senken. Das ist 2016 schon deutlich gesunken, das wird auch 2017 gelingen", sagte Kern im Sommerinterview mit der APA. Dieser Trend, der durch die derzeit positive Wirtschaftsentwicklung begünstigt wird, soll auch in der nächsten Legislaturperiode anhalten. "Die Abgabenquote wird mit unseren Vorschlägen deutlich sinken. Wir wollen einerseits die Löhne und Einkommen um 2,3 Milliarden Euro entlasten." Bis zum künftigen Mindestlohn von 1.500 Euro soll es laut den SPÖ-Plänen Steuerfreiheit geben. "Das sind rund 500 Euro für jedes Einkommen im Jahr", rechnet Kern vor.
Lohnnebenkosten reduzieren
Gleichzeitig sollen die Lohnnebenkosten um weitere drei Milliarden Euro reduziert werden. Davon würden auch die Unternehmen profitieren. "Wir wollen die Standortbedingungen verbessern, wir wollen, dass es mehr Jobs gibt und die Einkommen steigen." Finanzieren will Kern diese Maßnahmen durch eine "deutlich höhere Belastung von globalen Konzernen wie Starbucks und Co, die sich in Österreich de facto der Steuerpflicht entziehen". Dies soll bis zu einer Milliarde an Einnahmen bringen. "Da gibt es nationale Spielräume, die man ausschöpfen kann. Das muss unbedingt gemacht werden."
Daneben sollen ein höheres Wirtschaftswachstum sowie Einsparungen in der Verwaltung - der Kanzler spricht von eineinhalb bis zwei Milliarden - für den nötigen finanziellen Freiraum sorgen. Im Programm bleibt auch die schon bei der Abschaffung des Pflegeregresses ins Spiel gebrachte Steuer auf Erbschaften und Schenkungen von über einer Million Euro. Das Erbschaftssteuermodell der SPÖ würde weitere rund 500 Millionen Euro an Einnahmen bringen.
Arbeitszeitflexibilisierung
In Sachen Arbeitszeitflexibilisierung, die bei den Sozialpartnergesprächen anders als die vereinbarte Erhöhung des Mindestlohns auf 1.500 Euro vorerst am Widerstand der Gewerkschaft gescheitert ist, zeigte sich der Bundeskanzler gesprächsbereit. Er sei weiterhin der Meinung, "das gehört gemacht". Allerdings gehe es nicht an, dass die Arbeitgeberseite Maßnahmen fordere, "die den Menschen in Österreich Einkommen kosten, indem zum Beispiel Überstundenzuschläge wegfallen". Bedingung der SPÖ für flexiblere Arbeitszeiten ist laut Kern ein "Wahlarbeitsmodell für alle Arbeitnehmer". Die Wirtschaft habe dies bisher aber abgelehnt.
Die Studienplatzfinanzierung, die der Kanzler selbst in seinem "Plan A" vorgeschlagen hatte, sei ebenfalls nicht vom Tisch. "Dazu bekennen wir uns." Es brauche aber ein seriöses Modell. Kern geht davon aus, dass ein solches nach der Wahl rasch kommen werde.
Umwälzungen auf SPÖ-Listen
Kern weist indes den Eindruck, dass seine Partei bei Themen wie Migration und Sicherheit deutlich nach rechts gerückt ist, zurück. "Das sehe ich nicht so. Wir sind immer eine Kraft der politischen Mitte gewesen", sagte Kern im APA-Interview.
"Es gibt vielleicht politische Felder da haben wir unsere Position adaptiert und sind weiter in die Mitte gerutscht, als wir es vorher waren." Daneben gebe es andere Politikfelder von der Gesellschaftspolitik - etwa der Ehe für alle - bis hin zur Beschäftigungspolitik, wo man die Position der SPÖ als links interpretieren würde.
Als Wahlziel für den 15. Oktober gibt der SPÖ-Chef den ersten Platz und das Wiedererlangen des Bundeskanzleramts aus. "Ich bin davon überzeugt, dass wir eine gute Chance haben, eine Mehrheit in diesem Wahlkampf zu gewinnen. Mein Wahlziel ist, das Land weiter zu führen und dafür zu sorgen, dass der österreichische Traum, dass es den Kindern besser gehen soll als den Eltern, auch wieder Wirklichkeit wird. Dafür werden wir viele inhaltliche Positionen zu den Zukunftsfragen Österreichs vorlegen."
Eine "Bewegung" wie die ÖVP müsse man dafür nicht gründen. "Die SPÖ ist seit 128 Jahren eine Bewegung, das war immer unser Selbstverständnis." Für die Erstellung der SPÖ-Listen zur Nationalratswahl - die Landeslisten wurden gerade fertiggestellt, die Bundesliste wird bei einem Bundesparteirat am 3. August beschlossen - kündigte Kern zahlreiche Veränderungen an.
"Wir werden eine stark veränderte Parlaments- und Abgeordnetenmannschaft haben. Ich gehe davon aus, dass fast die Hälfte der Mandatare, die uns im nächsten Parlament vertreten werden, noch nicht im Parlament vertreten waren. Da findet gerade eine große Umwälzung statt, die quer durch Österreich geht. Man wird sehen, welche politische Breite die SPÖ hat." Der Altersschnitt der Liste werde deutlich sinken, und auch bei der Frauenquote werden man einen "großen Sprung vorwärts" machen. "Das wird ein echtes Zeichen der Erneuerungen sein."
Quereinsteiger werde man aber nicht mehr aus dem Hut zaubern. "Wir haben mit Pamela Rendi-Wagner, Sonja Hammerschmid, Thomas Drozda oder Hans Peter Doskozil Leute, die ja erst in den letzten 18 Monaten aus erfolgreichen Berufskarrieren in die Politik gewechselt sind. Die Quereinsteiger, die andere suchen, die haben wir längst in unserem Team." Ob es der Langzeitabgeordnete Josef Cap noch einmal an wählbare Stelle der Bundesliste schafft, zeige sich am 3. August. "Josef Cap ist ein exzellenter Redner, ein großartiger Parlamentarier, so jemand im Boot zu haben, ist auf jeden Fall ein Gewinn", so der SPÖ-Chef.