Am Freitag verkündete Verteidigungsminister Doskozil das Aus für den Eurofighter. Einen Tag später und wohl nicht zufällig zur letzten Befragungswoche im Eurofighter-Untersuchungsausschuss sind nun neuerlich Dokumente durchgesickert, in denen es um von EADS Deutschland bezahlte Gegengeschäftsvergütungen geht. 2,7 Mio. Euro sollen zwischen 2003 und 2010 dem Daimler-Konzern (vormals DaimlerChrysler) zugeflossen sein, berichtete das "profil" am Samstag in einer Vorab-Aussendung.
Im Gegenzug habe EADS im Zuge des Eurofighter-Deals mit Österreich weitere Daimler-Aufträge an österreichische Unternehmen in einer Höhe von 278 Mio. Euro vom Wirtschaftsministerium anrechnen lassen, wovon 263 Mio. Euro auf Magna-Steyr entfielen, so das Nachrichtenmagazin. Daimler-Sprecher Jörg Howe legte in einer Stellungnahme an "profil" Wert auf die Feststellung, dass die "Beauftragung von österreichischen Firmen durch die Daimler AG und die Zusammenarbeit mit EADS gesetzeskonform" gewesen seien.
Zehn Jahre, nachdem im Juli 2007 der erste Eurofighter in Österreich gelandet ist, lässt das Bundesheer ihn wieder fallen. Der Weiterbetrieb des Eurofighters sei dem Steuerzahler "nicht mehr zumutbar", befand Doskozil am Freitag. Es sei deshalb die Entscheidung gefallen, "dass wir aus dem System Eurofighter aussteigen" und man ab sofort die Ausrichtung auf eine neues System in die Wege leiten werde. Dies sei militärisch effektiver und deutlich kostengünstiger. Zustimmende Reaktionen kamen von den übrigen politischen Parteien.
Mit seiner Ankündigung könnte Doskozil ein Wahlversprechen einlösen, das seine Partei im Wahlkampf 2006, also vor über einem Jahrzehnt, abgegeben hatte - Stichwort "Sozialfighter statt Eurofighter". Seinem Vorvorgänger Norbert Darabos ist es nicht gelungen, aus dem korruptionsumwitterten schwarz-blauen Eurofighter-Deal auszusteigen, stattdessen wird er für den von ihm abgeschlossenen Vergleich bis heute heftig kritisiert. Doskozil machte die Jets wieder zum medialen Top-Thema, als er heuer im Frühjahr anhand eines Taskforce-Berichts eine Betrugsanzeige gegen den Hersteller einbrachte und anordnete, die aktive Luftraumüberwachung zu evaluieren.
Derzeit sichern zu 60 Prozent der Überschall-Flieger Eurofighter und zu 40 Prozent der Unterschall-Jet Saab 105 den heimischen Luftraum, der seit 1970 eingesetzt wird und spätestens 2020 aus Altersgründen am Ende ist. Die von Doskozil eingesetzte Sonderkommission urteilt in ihrem nun vorliegenden Bericht, die derzeitige Luftraumüberwachung sei "nur in eingeschränktem Umfang in der Lage, das aktuelle und künftige Aufgabenspektrum im erforderlichen Ausmaß abzudecken".
Um alle künftigen Bedrohungsszenarien bewältigen zu können, empfiehlt die Kommission eine Überschall-Flotte mit uneingeschränkter Einsatzfähigkeit auch bei Nacht und schlechter Sicht, einem adäquaten Selbstschutzsystem und modernen Allwetterlenkwaffen. Der Eurofighter "in seinem aktuell beschränkten Ausrüstungsstand, wie er derzeit genutzt wird", sollte stillgelegt werden.
Die Kommission legt "eine einzige bewaffnete Abfangjägerflotte mit 15 Einsitzern und 3 Doppelsitzern an zwei Standorten", also wie gehabt Zeltweg und Hörsching, nahe. Dafür gebe es zwei Möglichkeiten: Einerseits eine entsprechende Nachrüstung der vorhandenen 15 einsitzigen Eurofighter Typhoon der Tranche 1 und die Beschaffung von drei zusätzlichen gebrauchten Eurofighter-Doppelsitzern. Oder andererseits die "Beschaffung einer leistungsfähigen alternativen Abfangjägerflotte mit 15 Einsitzern und 3 Doppelsitzern" bei möglichst raschem Aus der derzeitigen Eurofighter.
Die politische Entscheidung des Ministers fiel auf die zweite Variante. Im Idealfall ist dies laut Kommission die günstigste Variante (über 30 Jahre hinweg bis zu 2,3 Mrd. Euro Einsparungen), wobei die Berechnungen mit Vorsicht zu genießen sind, da es sich nur um ein "Kostenannäherungsmodell" mit enormen Bandbreiten handelt.
Ab 2020 schrittweise weg
Die Ankündigung des Ministers bedeutet jedenfalls, dass die österreichischen Eurofighter ab 2020 schrittweise ersetzt werden sollen und das Heer gleichzeitig auf neue Flieger umsteigen wird. Innerhalb von drei Jahren könnte der Umstieg dann abgeschlossen sein. Welches Modell man stattdessen anschafft, steht noch nicht fest. Möglich wäre etwa der schwedische Gripen E/F oder die US-amerikanische F-16. Der Beschaffungsprozess soll sofort eingeleitet werden, konkret strebt das Heer ein statt einer klassischen, länger dauernden Ausschreibung ein Regierungsgeschäft ("Government to Government") an. Herauskommen können dabei neue wie gebrauchte Flugzeuge.
Dass sich der Umstieg von den Eurofightern auf ein neues System mit einer etwaigen neuen Regierung gleich wieder erledigen könnte, sieht der Minister nicht so: Er könne sich nicht vorstellen, dass eine zukünftige Regierung über den "nachhaltigen" Bericht der Experten einfach "hinweggehen kann". Einen Zusammenhang mit der bevorstehenden Neuwahl im Herbst wies er ebenfalls zurück: "Das kann und darf kein Wahlkampfthema sein."
Doskozil verwies auch auf Gespräche mit dem ÖVP-geführten Finanzministerium, die Koalition gehe in dieser Frage "einen Weg". Finanzminister Hans Jörg Schelling meldete gegenüber der APA denn auch tatsächlich keine grundsätzlichen Einwände gegen den Ausstieg aus dem Eurofighter an. "Ich bin für alles offen, was für den Steuerzahler Einsparungen bringt, so lange die Sicherheit und Neutralität gewährleistet ist." Man werde nun im Detail prüfen. Für einen transparenten Prozess müssten alle zuständigen Kontrollorgane, also Finanzprokuratur und Rechnungshof sowie das Parlament, eingebunden werden, forderte Schelling.