Stimmt es, was die Ermittlungen der oberösterreichischen Sicherheitsbehörden und des Innenministeriums zutage gebracht haben, dann war der Doppelmord an einem Linzer Ehepaar vom vergangenen Freitag die erste Bluttat mit IS-Hintergrund in Österreich. Der Verdächtige Mohamed H. soll das betagte Ehepaar aus Hass auf FPÖ und Gesellschaft getötet haben.

Eindeutiger IS-Hintergrund

Ob im Fall des gebürtigen Tunesiers Radikalisierung und Extremismus auf eine Persönlichkeitsstörung trafen oder Mohamed H. auch Kontakt zu terroristischen Netzwerken des Islamischen Staates (IS) hatte, werden die weiteren Ermittlungen und psychologische Gutachten zeigen. Auswertungen elektronischer Datenträger sowie die Aktivitäten des 54-Jährigen in sozialen Netzwerken ergaben laut Innenministerium jedenfalls einen eindeutigen IS-Hintergrund. Der Mann sei ein radikalisierter Muslim, hieß es bei einer Pressekonferenz.

Sobotka: "Eindeutig IS-Hintergrund bei Doppelmord in Linz"

Religiös motivierter islamistischer Extremismus und Terrorismus steht bei Österreichs Verfassungsschützern bereits seit einiger Zeit ganz oben auf der Liste der größten Bedrohungen für die innere Sicherheit des Landes. Vor allem Jihad-Rückkehrer und an der Ausreise gehinderte Personen stellen eine Gefahr dar, hieß es erst vor kurzem bei der Präsentation des Jahresberichts des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).

Mit Jahresende 2016 waren insgesamt 296 "Foreign Fighters" aus Österreich bekannt. Ein Gefährdungspotenzial im Inland stellen davon 141 Personen dar. Die Zahl der aus Österreich ausreisenden Jihadisten war im Vorjahr deutlich rückläufig war. Während 2014 noch 112 für den Jihad rekrutierte Personen registriert wurden, waren es 2016 nur mehr 13 Personen.

Radikalisierter Moslem

In einer Pressekonferenz hatte Innenminister Wolfgang Sobotka am Mittwochabend den Fall erläutert. Beim Tatverdächtigen handle es sich eindeutig um einen radikalisierten Moslem. "Für uns gilt es, in dieser besonderen Situation, die Ermittlungen mit großer Bedachtnahme fortzusetzen", warb der Innenminister um Verständnis, dass keine Details bekanntgeben werden. Man habe sich jedoch entschlossen, mit der Pressekonferenz an die Öffentlichkeit zu treten, um keine Spekulationen aufkommen zu lassen, nachdem am Mittwochnachmittag die Informationen vom IS-Hintergrund übermittelt wurden. Man werde auch weiterhin über den Fall laufend informieren, doch die Ermittlungen hätten Vorrang und würden mit größter Ernsthaftigkeit und Konzentration geführt.

Die eigentliche Tat sei eindeutig geklärt und alle diesbezüglichen Spuren ausgewertet. Der 54-Jährige hätte das Ehepaar alleine getötet, sagte Andreas Pilsl, der Landespolizeidirektor von Oberösterreich. Dabei seien unmittelbar keine Komplizen beteiligt gewesen. Der Hintergrund werde jedoch intensiv untersucht.

Der Verdächtige hat laut Innenminister über mehrere verschlüsselte Zugänge verfügt, weshalb man erst im Verlauf der vergangenen zwei Tagen die Tragweite der Tat erkennen konnte. Nun müssten die Verbindungen des Tunesiers nachverfolgt werden.

Der Tunesier wollte nach derzeitigen Erkenntnissen nie als Kämpfer nach Syrien, sagte der Innenminister. Laut Pilsl war er vor kurzem in seine Heimat gereist, um sich dort mit dem mitgenommenen Werkzeug ein zweites Standbein in seinem erlernten Beruf als Tischler aufzubauen. Ob der Verdächtige bereits mit den Vorwürfen eines islamistischen Hintergrunds konfrontiert wurde und wie er sich dazu geäußert habe, wollte Sobotka nicht bekanntgeben. Auch weitere Journalistenfragen blieben unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen, die weiter von Landespolizeidirektion Oberösterreich geführt werden, inhaltlich unbeantwortet.

Der ÖVP-Politiker nutzte die Gelegenheit, um für sein "Sicherheitspaket" zu werben. Entsprechende Befugnisse seien in anderen Ländern durchaus üblich und hilfreiche Instrumente, die die Polizeiarbeit erleichtern würden. Nach den Vorstellungen Sobotkas soll die Erfassung von Autokennzeichen und der Einsatz auch privater Videokameras zur breitflächigen Überwachung des öffentlichen Raumes ermöglicht werden. Mit einer von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) vorgelegten Novelle zur Strafprozessordnung soll die Internettelefonie (also Skype, WhatsApp und Ähnliches) ebenso überwacht werden können wie herkömmliche Telefonate - bei bestehendem Verdacht und mit Genehmigung eines Richters.

Prozesse in Graz und Salzburg

Der Rückgang der Ausreisenden und Neurekrutierten ist laut den Experten vor allem auf verstärkte präventive und repressive Maßnahmen und die strafrechtliche Verfolgung der Verdächtigen zurückzuführen. In Österreich liefen in den vergangen Monaten eine ganze Reihe von Prozessen gegen IS-Unterstützer und -Sympathisanten, einer der größten davon gegen ein Jihadisten-Netzwerk in Graz. In Salzburg wurden zuletzt IS-Jihadisten zu hohen Haftstrafen verurteilt, die Kontakt zum Netzwerk der Paris-Attentäter gehabt haben sollen.

Neben der Strafverfolgung setzen die Behörden aber auch verstärkt auf präventive Maßnahmen. Im Vorjahr wurde seitens des BVT ein eigenes Referat für Prävention eingerichtet und Vorarbeiten für ein "Aussteigerprogramm aus dem gewaltbereiten Extremismus" geleistet. Die Entwicklung des Programms ist ein Schwerpunkt der Verfassungsschützer im heurigen Jahr. Darüber hinaus gibt es Sensibilisierungsveranstaltungen in Justizanstalten, da diese ein "Nährboden" für Radikalisierungsvorgänge sind, wie die Verfassungsschützer erklären.

Um bei allfälligen Terror-Angriffen besser agieren zu können, wünschen sich Innenministerium und Sicherheitsbehörden, künftig auf die Video-Bilder von bereits vorhandenen Überwachungskameras "anlassbezogen" Zugriff zu bekommen. Darüber hinaus wünscht man sich mehr Möglichkeiten bei der Überwachung von Internet-Kommunikation.